Emanuel Geibel

Mit dem Klagen, mit dem Zagen, wie verdarbst du’s, ach so oft! Lerne Trübes heiter tragen, und dein Glück kommt unverhofft.


Wer nicht hören will, muß fühlen.


Gibt die Not dich wieder frei, Prüfe dich mit frommem Eifer; Ach, und wardst du drin nicht reifer, Sprich noch nicht: sie ist vorbei.


Wenn die Not nicht Eisen bricht, Das Eisen bricht die Not.


Schönes läßt sich nicht erzwingen; Gutes kannst du heut’ auch tun.


Nur zu oft vom Born entfernt Trübt die Welle sich, die klare; Heil, wem das Unmittelbare Blieb, als er die Kunst gelernt!


Das Herz hat auch seine Ostern, wo der Stein vom Grabe springt, den wir dem Staub nur weihten. Und was du ewig liebst, ist ewig dein.


Das ist das alte Lied und Leid, daß die Erkenntnis erst gedeiht, wenn Mut und Kraft verrauchen; die Jugend kann, das Alter weiß; du kaufst nur um des Lebens Preis die Kunst, das Leben recht zu brauchen.


Das ist die klarste Kritik der Welt, wenn neben das, was ihm mißfällt, einer was Eigenes, Besseres stellt.


Dem grauen Scheitel fällt das Lernen schwer.


Der hat’s wahrhaftig als Poet nicht hoch hinausgetrieben, in dessen Liedern mehr nicht steht, als er hineingeschrieben.


Die Zeit zum Handeln jedesmal verpassen nennt ihr die Dinge sich entwickeln lassen. Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, das man zur rechten Stunde nicht getan?


Glaube, dem die Tür versagt, steigt als Aberglaub’ ins Fenster. Wenn die Götter ihr verjagt, kommen die Gespenster.


Halte fest am frommen Sinne, Der des Grenzsteins nie vergaß! Alles Heil liegt mitten inne, Und das Höchste bleibt das Maß. Glücklich, wem die Tage fließen Wechselnd zwischen Freud’ und Leid, Zwischen Schaffen und Genießen, Zwischen Welt und Einsamkeit.


Irre den Mutigen nicht! Oft glückt leichtblütiger Jugend, was bei gediegener Kraft das Alter nicht wagt.


Klug ist, wer stets zur rechten Stunde kommt, doch klüger, wer zu gehen weiß, wenn es frommt.


Lehr’ nur die Jungen weisheitsvoll, wirst ihnen keinen Irrtum sparen; was ihnen gründlich helfen soll, das müssen sie eben selbst erfahren.


Leicht ist’s törichtes Lob zu verschmähen. Erst wer den gesunden Tadel zu ehren versteht, wird als bescheiden gerühmt.


Man muß den Irrtum selbst erfahren, nicht jeden Fehler kann man sich ersparen.


Nur wer verzagend das Steuer losläßt, ist im Sturm verloren.


Sorgen sind meist von der Nesseln Art, sie brennen, rührst du sie zart; fasse sie nur an herzhaft, so ist der Griff nicht schmerzhaft.


Süß ist’s, den Reiz der Welt zu saugen, wenn Herz und Sinn in Blüte steh’n, doch süßer noch mit deines Kindes Augen die Welt noch einmal frisch zu seh’n.


Warum hast du wider alles Hoffen noch niemals mitten ins Schwarze getroffen? Weil du‘s nicht lassen konntest, beim Zielen immer ins Publikum zu schielen.


Was rühmst du deinen schnellen Ritt? Dein Pferd ging durch und nahm dich mit.


Wer einmal Liebe nahm und Liebe gab auf Erden, kann selbst im tiefsten Gram nie ganz unselig werden.


Wer zum Leben nicht ja sagen kann, sollte wenigstens sagen: na ja….


Wirf dein Talent nicht so hinaus, Beleidigung damit zu rächen! Die Biene, die versucht zu stechen, bringt keinen Honig mehr nach Haus.


Wenn hinabgeglüht die Sonne, steht der Mond schon überm Tal, und den Abglanz ihrer Wonne gießt er aus im feuchten Strahl. Also bleibt im tiefsten Herzen von versunkenem großen Glück tröstlich für die Nacht der Schmerzen uns ein Widerschein zurück.


Höchstes Glück ist kurzes Blitzen, fühl’s und sprich: Auf Wiederkehr! Ließ es dauernd sich besitzen, wär’ es höchstes Glück nicht mehr.


Der Maulwurf hört in seinem Loch ein Lerchenlied erklingen und spricht: “Wie sinnlos ist es doch, zu fliegen und zu singen!”


Mittelmäßigkeit Auf keinen Fall gestehe Du der Mittelmäßigkeit was zu. Hast Du Dich erst mit ihr vertragen, dann wird’s Dir bald bei ihr behagen, bis Du dereinst, Du weißt nicht wie, geworden bist, so flach wie sie.


Strecke deine Hand nur empor zum Gebet! Gott faßt sie oben und die Berührung durchströmt dich mit geheiligter Kraft.


Und es mag deutschen Wesen Einmal noch die Welt genesen.


Immer noch besser schwärmen und trinken als sich ärgern und nichts tun.


Denn nur von innen kommt der Segen, und die Liebe bringet Rast.


Furchtlos und treu ist der Wahlspruch der Liebe.


Das Größte ist das Alphabet, denn alle Weisheit steckt drin. Aber nur der erkennt den Sinn der’s recht zusammenzusetzen versteht.


Ein guter Witz darf nie zu sehr ins Breite gehen, soll nicht die Poesie selbst in die Weite gehen.


Nur das steht fest im ew’gen Wühlen: Wer die Gewalt hat, übt Gewalt, und wieder: wer nicht hören will, muß fühlen.


Was einmal tief lebendig lebt und war, das hat auch Kraft zu sein für immerdar.


Schöner als der vollste Besitz ist die Erwartung des Glücks.


Mittagszauber Im Garten wandelt hohe Mittagszeit, der Rasen glänzt, die Wipfel schatten breit; von oben sieht, getaucht in Sonnenschein und leuchtend Blau, der alte Dom herein. Am Birnbaum sitzt mein Töchterlein im Gras; die Märchen liest sie, die als Kind ich las; ihr Antlitz glüht, es ziehn durch ihren Sinn Schneewittchen, Däumling, Schlangenkönigin. Kein Laut von außen stört; ‘s ist Feiertag – nur dann und wann vom Turm ein Glockenschlag! Nur dann und wann der mattgedämpfte Schall im hohen Gras von eines Apfels Fall! Da kommt auf mich ein Dämmern wunderbar, gleich wie im Traum verschmilzt, was ist und war: die Seele löst sich und verliert sich weit im Märchenreich der eignen Kinderzeit.


Frühling ist die schöne Jahreszeit, in der der Winterschlaf aufhört und die Frühjahrsmüdigkeit beginnt.


Freude schweift in die Welt hinaus, bricht jede Frucht und kostet jeden Wein; riefe dich nicht das Leid nach Haus, du kehrtest nimmer bei dir selber ein.


Laß mir die Knaben vom Feste, denn sie haben noch nichts erlebt! Das ist am Wein das Beste, daß die Erinnerung darüber schwebt.


Willst du Großes, laß das Zagen, Tu nach kühner Schwimmer Brauch. Rüstig gilt’s die Flut zu schlagen, doch es trägt die Flut dich auch.


Denn in sich ganz und einfach ist das Große.


Eifersucht macht scharfsinnig und blind.


Liebe, die von Herzen liebt, Ist am reichsten, wenn sie gibt; Liebe, die von Opfern spricht, Ist schon rechte Liebe nicht.


Wenn es etwas gibt, gewalt’ger als das Schicksal, So ist’s der Mut, der’s unerschüttert träg.


Lüge, wie sie schlau sich hüte, Bricht am Ende stets ein Bein, Kannst du wahr nicht sein aus Güte, Lern aus Klugheit wahr zu sein.


Die Herrschaft ist ein Zauber eigner Art und stark genug, den Stärksten zu betören.


Liebe bleibt die goldne Leiter, drauf das Herz zum Himmel steigt.


Mag auch heiß das Scheiden brennen, treuer Mut hat Trost und Licht; mag auch Hand von Hand sich trennen, Liebe läßt von Liebe nicht.


Um den vermodernden Sumpf schwebt bunt in der Sonne der Falter; arglos über dem Tod gaukelt die Freude dahin.


Wer recht in Freuden wandern will, der geh’ der Sonn’ entgegen.


Wohl mit jedem Bekenntnis verträgt sich ein frommes Gemüt, aber das fromme Gemüt hängt nicht vom Bekenntnis ab.


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