Erich Fried

. . . nicht nichts ohne ihn, aber weniger.


Da habe ich einen gehört wie er seufzte: "Du liebe Zeit!". Was heißt das, "Du liebe Zeit"? "Du unliebe Zeit", muß es heißen. "Du ungeliebte Zeit!" von dieser Unzeit, in der wir leben müssen. Und doch Sie ist unsere einzige Zeit, unsere Lebenszeit. Und wenn wir das Leben lieben, können wir nicht ganz lieblos gegen diese unsere Zeit sein. Wir müssen sie ja nicht genau so lassen, wie sie uns traf.


Das Gute fliegt jetzt davon / dorthin wo alles nicht immer in die Vergangenheit fällt, / sondern täglich auf- und untergeht wie die Sonne.


Das Leben wäre vielleicht einfacher, wenn ich dich nicht getroffen hätte. Es wäre nur nicht mein Leben.


Das Reich der Freiheit ist im Reich der Notwendigkeit ein notwendiger Traum.


Den Knaben, die er im Kino getroffen hatte, gestand André Gide im Bett oder am Morgen nach einer durchliebten Nacht: Du kannst deinen Freund sagen du hast mit einem berühmten Mann geschlafen, mit einem Schriftsteller: Mein Name ist François Mauriac.


Dich nicht näher denken / und dich nicht weiter denken / dich denken wo du bist / weil du dort wirklich bist – Dich nicht älter denken / und dich nicht jünger denken / nicht größer nicht kleiner / nicht hitziger und nicht kälter – Dich denken und mich / nach dir sehnen / dich sehen wollen / und dich liebhaben / so wie du wirklich bist.


Die Jungen werfen zum Spaß mit Steinen nach Fröschen. Die Frösche sterben im Ernst.


Die Zeit der Steine. Die Zeit der Pflanzen. Dann kam die Zeit der Tiere. Dann kam die Zeit der Menschen. Nun kommt die Zeit der Steine. Wer die Steine reden hört weiß, es werden nur Steine bleiben. Wer die Menschen reden hört weiß, es werden nur Steine bleiben.


Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. // Es ist, was es ist, sagt die Liebe. // Es ist Unglück, sagt die Berechnung. // Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst. // Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. // Es ist was es ist, sagt die Liebe. // Es ist lächerlich, sagt der Stolz. // Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht. // Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. // Es ist, was es ist, sagt die Liebe.


Halte Dich immer wieder ans Leben: das tut auch der Tod. Und er wächst und gedeiht dabei wie das blühende Leben.


Ich sah' dich an, um mich satt zu sehen an dir, solange du da warst. Ich habe mich hungrig gesehen, ich habe mich durstig gesehen an dir.


Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe. Nicht nichts ohne dich, aber vielleicht weniger. Nicht nichts, aber weniger und weniger. Vielleicht nicht nichts ohne dich, aber nicht mehr viel.


Nun Nachdenken / Nun Ausruhen / Ohne Dich.


Stille ist das nicht vorhandene Zwitschern der Vögel.


Totschlagen / Erst die Zeit / Dann eine Fliege / Vielleicht eine Maus / Dann möglichst viele Menschen / Dann wieder die Zeit.


Unsere Lebenszeit ist unsere einzige Zeit.


Versuch, sich anzupassen: Ich soll mich drein fügen und nicht fragen, warum ich das soll und ich soll nicht fragen, warum ich nicht fragen soll?


Wenn man ans Meer kommt soll man zu schweigen beginnen bei den letzten Grashalmen soll man den Faden verlieren und den Salzschaum und das scharfe Zischen des Windes ausatmen und wieder einatmen.


Wer sich zum Papst der Moral und zum Vorschriftenmacher der Liebe macht, der ist so krank wie der Papst.


Wer will, daß die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, daß sie bleibt.


Wohin ist die Freiheit gegangen? In alle vier Winde. / Und die Demokratie? Vor die Hunde in den Knast. – Wohin ist die Hoffnung gegangen? In die Verfassung. / Und die Enttäuschung? In ihre Auslegungen. – Wer hört die Gerechtigkeit an? Wo soll sie wohnen? / Wann kommt die Freiheit zurück? Wem wird sie geopfert? – Wohin sind die Fragen gegangen? Zu den Scheren. / Was haben sie gebracht? Nichts als Papier. – Wohin sind die Antworten gegangen? / Zu den Maschinenpistolen. / Was haben sie gebracht? / Tote und Tote.


Zu sagen: "Hier herrscht Freiheit" ist immer ein Irrtum oder auch eine Lüge, denn "Freiheit herrscht nicht".


Zweifle nicht an dem, der dir sagt er hat Angst; aber hab' Angst vor dem, der dir sagt, er kennt keinen Zweifel.


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