Friedrich Wilhelm Nietzsche

An Unheilbaren soll man nicht Arzt sein wollen.


Alle Menschen, die man lange im Vorzimmer seiner Gunst stehen läßt, geraten in Gärung oder werden sauer.


Der Philosoph glaubt, der Wert seiner Philosophie liege im Ganzen, im Bau: die Nachwelt findet ihn im Stein, mit dem er baute und mit dem, von da an, noch oft und besser gebaut wird: also darin, daß jener Bau zerstört werden kann und doch noch als Material Wert hat.


Wo ich Lebendiges fand, da fand ich Willen zur Macht; und noch im Willen des Dienenden fand ich den Willen, Herr zu sein.


Daß die männlichsten Männer herrschen, ist in der Ordnung.


Dies nämlich ist das Schwerste, aus Liebe die offene Hand schließen und als Schenkender die Scham bewahren.


Singe mir ein neues Lied: die Welt ist verklärt und alle Himmel freuen sich.


Der Schmerz ist etwas anderes als die Lust – ich will sagen, er ist nicht deren Gegenteil.


Niemand klagt an ohne den Hintergedanken an Strafe und Rache zu haben – selbst wenn man sein Schicksal, ja sich selber anklagt.


Jede Neuschaffung einer Kultur somit durch starke vorbildliche Naturen, in denen sich die Wahnvorstellungen neu erzeugen.


Die Ähnlichseherei und Gleichmacherei ist das Merkmal schwacher Augen.


Der Besitz besitzt. – Nur bis zu einem gewissen Grade macht der Besitz den Menschen unabhängiger, freier; eine Stufe weiter – und der Besitz wird zum Herrn, der Besitzer zum Sklaven.


Der Mann macht sich das Bild des Weibes, und das Weib bildet sich nach diesem Bilde.


Der Phantast verleugnet die Wahrheit vor sich, der Lügner nur vor anderen.


Der Witz ist das Epigramm auf den Tod eines Gefühls.


Die Forderung, geliebt zu werden, ist die größte aller Anmaßungen.


Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden jähen Bach des Lebens, hundertmal vom Gischt verschlungen und sich immer von neuem zusammensetzend, und mit zarter schöner Kühnheit ihn überspringend, dort wo er am wildesten und gefährlichsten braust.


Im Gebirge der Wahrheit kletterst du nie umsonst: entweder du kommst schon heute weiter hinauf oder du übst deine Kräfte, um morgen höher steigen zu können.


Entweder verstecke man seine Meinungen, oder man verstecke sich hinter seine Meinungen. Wer es anders macht, der kennt den Lauf der Welt nicht oder gehört zum Orden der heiligen Tollkühnheit.


Es ist schwer, mit Menschen zu leben, weil Schweigen so schwer ist.


Gar nicht von sich reden, ist eine sehr vornehme Heuchelei.


Macht wollen sie und zuerst das Brecheisen der Macht, viel Geld, — diese Unvermögenden!


Gesetze verraten nicht das, was ein Volk ist, sondern das, was ihm fremd, seltsam, ungeheuerlich, ausländisch erscheint.


Gewissensbisse erziehn zum Beißen.


Große Verbindlichkeiten machen nicht dankbar, sondern rachsüchtig; und wenn die kleine Wohltat nicht vergessen wird, so wird noch ein Nage-Wurm daraus.


Im Lobe ist mehr Zudringlichkeit, als im Tadel.


Leben überhaupt heißt in Gefahr sein.


Leben wir zu nahe mit einem Menschen zusammen, so geht es uns so, wie wenn wir einen guten Kupferstich immer wieder mit bloßen Fingern anfassen: Eines Tages haben wir schlechtes beschmutztes Papier und nichts weiter mehr in den Händen.


Der Brave Lieber aus ganzem Holz eine Feindschaft, Als eine geleimte Freundschaft!


Man nimmt die unerklärte dunkle Sache wichtiger, als die erklärte helle.


Man wird selten irren, wenn man extreme Handlungen auf Eitelkeit, mittelmäßige auf Gewöhnung und kleinliche auf Furcht zurückführt.


Nicht daß du mich belogst, sondern daß ich dir nicht mehr glaube, hat mich erschüttert.


Nicht die Erkenntnis gehört zum Wesen der Dinge, sondern der Irrtum.


Öffentliche Meinungen – private Faulheiten.


Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.


Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit, als Lügen.


Väter haben viel zu tun, um es wieder gut zu machen, daß sie Söhne haben.


Viel von sich reden kann auch ein Mittel sein, sich zu verbergen.


Denn viele Menschen … sind selber Intervalle und Pausen in der Symphonie des wirklichen Lebens.


Viele sind hartnäckig in bezug auf den einmal eingeschlagnen Weg, wenige in bezug auf das Ziel.


Von allen Trostmitteln tut Trostbedürftigen nichts so wohl als die Behauptung, für ihren Fall gebe es keinen Trost. Darin liegt eine solche Auszeichnung, daß sie wieder den Kopf erheben.


Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse.


Was ist der Affe für den Menschen? Ein Gelächter oder eine schmerzliche Scham.


Wenn der Mensch vor Lachen wiehert, übertrifft er alle Tiere durch seine Gemeinheit.


Die Länge des Tages. — Wenn man viel hineinzustecken hat, so hat ein Tag hundert Taschen.


Wer viel Freude hat, muss ein guter Mensch sein: aber vielleicht ist er nicht der klügste, obwohl er gerade das erreicht, was der Klügste mit aller seiner Klugheit erstrebt.


Will man einen Freund haben, so muss man auch für ihn Krieg führen wollen: und um Krieg zu führen, muss man Feind sein können.


Wir sind so gern in der freien Natur, weil diese keine Meinung über uns hat.


Für Tänzer Glattes Eis Ein Paradeis Für Den, der gut zu tanzen weiß.


Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe, als irgend ein Affe.


Mitfreude, nicht Mitleiden, macht den Freund.


Jeder, der seinen Geist zeigen will, lässt merken, dass er auch reichlich vom Gegenteil hat.


Auch die hohlste Nuß will noch geknackt sein.


Schweine-Deutsch! Verzeihung! Zeitungs-deutsch!


Kein Sieger glaubt an den Zufall.


Lachen heißt: schadenfroh sein, aber mit gutem Gewissen.


Die Gewöhnung an Ironie, ebenso wie die an Sarkasmus, verdirbt übrigens den Charakter, sie verleiht allmählich die Eigenschaft einer schadenfrohen Überlegenheit: man ist zuletzt einem bissigen Hunde gleich, der noch das Lachen gelernt hat, außer dem Beißen.


Die stillsten Worte sind es, welche den Sturm bringen. Gedanken, die mit Taubenfüßen kommen, lenken die Welt.


Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.


Die großen Epochen unsres Lebens liegen dort, wo wir den Mut gewinnen, unser Böses als unser Bestes umzutaufen.


Ein anderes ist Verlassenheit, ein anderes Einsamkeit: Das — lerntest du nun!


Ich sage euch: man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Ich sage euch: ihr habt noch Chaos in euch.


Die starke Hoffnung ist ein viel größeres Stimulans des Lebens, als irgendein einzelnes wirklich eintretendes Glück.


Der Brief ist ein unangemeldeter Besuch, der Briefbote der Vermittler unhöflicher Überfälle. Man sollte alle acht Tage eine Stunde zum Briefempfangen haben und danach ein Bad nehmen.


Zynismus ist die einzige Form, in welcher gemeine Seelen an das streifen, was Redlichkeit ist.


Und überhaupt — auch das geringste Schaffen steht höher als das Reden über Geschaffnes.


Welches Kind hätte nicht Grund, über seine Eltern zu weinen?


Wer einen eigenen Willen in die Dinge zu legen hat, über den werden die Dinge nicht Herr.


Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.


Des einen Einsamkeit ist die Flucht des Kranken; des anderen Einsamkeit die Flucht vor den Kranken.


Alles am Weibe ist ein Rätsel, und alles am Weibe hat eine Lösung: sie heißt Schwangerschaft.


Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er — seinen Kopf verliert.


Auch der Mutigste von uns hat nur selten den Mut zu dem, was er eigentlich weiß.


Das süßeste Weib ist noch bitter von Geschmack.


Liebe und Haß sind nicht blind, aber sie sind geblendet von dem Feuer, das sie selber mit sich tragen.


„Sei wenigstens mein Feind!“ — so spricht die wahre Ehrfurcht, die nicht um Freundschaft zu bitten wagt.


Das Glück des Mannes heißt: ich will. Das Glück des Weibes heißt: er will.


Das Glück des Menschen beruht darauf, dass es irgendwo für ihn eine undiskutierbare Wahrheit gibt.


Dass ihr doch wenigstens als Tiere vollkommen wäret! Aber zum Tiere gehört die Unschuld.


Das logische Denken ist das Muster einer vollständigen Fiktion.


Das Weib lernt hassen, in dem Maße, in dem es zu bezaubern – verlernt.


Der Mensch findet zuletzt in den Dingen nichts wieder als was er selbst in sie hineingesteckt hat: das Wiederfinden heißt sich Wissenschaft, das Hineinstecken — Kunst, Religion, Liebe, Stolz.


Dem wird befohlen, der sich nicht selber gehorchen kann.


„Der Held ist heiter“ — das entging bisher den Tragödiendichtern.


Nicht jedes Ende ist das Ziel. Das Ende der Melodie ist nicht deren Ziel; aber trotzdem: hat die Melodie ihr Ende nicht erreicht, so hat sie auch ihr Ziel nicht erreicht. Ein Gleichnis.


Der Mann fürchte sich vor dem Weibe, wenn es hasst: denn der Mann ist im Grunde der Seele nur böse, das Weib aber ist dort schlecht.


Alle Vorurteile kommen aus den Eingeweiden.


Die Glücklichen sind neugierig.


Die einen werden durch Lob schamhaft, die anderen frech.


Freundschaft und Ehe. – Der beste Freund wird wahrscheinlich die beste Gattin bekommen, weil die gute Ehe auf dem Talent zur Freundschaft beruht.


Formel meines Glücks: Ein Ja, ein Nein, eine gerade Linie, ein Ziel..


Gelobt sei, was hart macht! Ich lobe das Land nicht, wo Butter und Honig — fließt!


Das beste Mittel, jeden Tag gut zu beginnen, ist, beim Erwachen daran zu denken, ob man nicht wenigstens einem Menschen an diesem Tag eine Freude machen könne.


Die größten Ereignisse — das sind nicht unsre lautesten, sondern unsre stillsten Stunden.


Die Menschen drängen sich zum Lichte, nicht um besser zu sehen, sondern um besser zu glänzen.


Die Wissenschaft dagegen nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten gerade dort aufzugeben, wo alles so leicht begreiflich scheint und wir die Narren des Augenscheins sind.


Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht!


Du mußt jeden Tag auch deinen Feldzug gegen dich selber führen.


Ein sicheres Mittel, die Leute aufzubringen und ihnen böse Gedanken in den Kopf zu setzen, ist, sie lange warten zu lassen. Dies macht unmoralisch.


Erkennen, das heißt: Alle Dinge zu unserem Besten verstehen!


Erziehung: wesentlich das Mittel, die Ausnahme, eine Ablenkung, Verführung, Ankränkelung zu ruinieren zu Gunsten der Regel.


Ich bin höflich gegen sie wie gegen alles kleine Ärgernis; gegen das Kleine stachlicht zu sein dünkt mich eine Weisheit für Igel.


Hast du eine große Freude an etwas gehabt? So nimm Abschied, nie kommt es zum zweiten Male.


Ich bin ein Wanderer und ein Bergsteiger, sagte er zu seinem Herzen, ich liebe die Ebenen nicht und es scheint, ich kann nicht lange still sitzen. Und was mir nun auch noch als Schicksal und Erlebnis komme, – ein Wandern wird darin sein und ein Bergsteigen: man erlebt endlich nur noch sich selber.


Hat man bemerkt, dass im Himmel alle interessanten Menschen fehlen?


In Wahrheit heißt etwas wollen ein Experiment machen, um zu erfahren, was wir können.


Ist das Leben nicht hundert Mal zu kurz, sich in ihm — zu langweilen?


Ist es nicht besser, in die Hände eines Mörders zu geraten, als in die Träume eines brünstigen Weibes?


Jener suchte eine Magd mit den Tugenden eines Engels. Aber mit einem Male wurde er die Magd eines Weibes, und nun täte es Not, dass er darüber noch zum Engel werde.


Machen wir es nicht im Wachen wie im Traume? Immer erfinden und erdichten wir erst den Menschen, mit dem wir verkehren — und einen Augenblick nachher schon haben wir das vergessen.


Man kann nicht hoch genug von den Frauen denken: aber deshalb braucht man noch nicht falsch von ihnen zu denken.


Mitunter genügt schon eine stärkere Brille, um den Verliebten zu heilen.


Moral predigen [ist] eben so leicht als Moral [zu] begründen schwer ist.


Oberfläche ist des Weibes Gemüt, eine bewegliche stürmische Haut auf einem seichten Gewässer.


Schlamm ist auf dem Grunde ihrer Seele; und wehe, wenn ihr Schlamm gar noch Geist hat!


Somit ist Toleranz, historischer Sinn, sogenannte Gerechtigkeit ein Beweis des Mißtrauens gegen ein eigenes Ideal, oder das Fehlen desselben.


Über das Weib soll man nur zu Männern reden.


Und seht mir doch diese Männer an: ihr Auge sagt es — sie wissen nichts Besseres auf Erden, als bei einem Weibe zu liegen.


Unsere Pflichten, das sind die Rechte anderer auf uns.


Wenn das Weib männliche Tugenden hat, so ist es zum Davonlaufen; und wenn es keine männlichen Tugenden hat, so läuft es selbst davon.


Wo nicht Liebe oder Hass mitspielt, spielt das Weib mittelmäßig.


Wünschen ist ein Anzeichen von Genesung oder Besserung.


Der Schritt verrät, ob einer schon auf seiner Bahn schreitet: so seht mich gehn! Wer aber seinem Ziel nahe kommt, der tanzt.


Der Blick der Menschheit war bisher zu stumpf, zu erkennen, daß die mächtigsten Menschen große Schauspieler waren.


Ecce homo Ja! Ich weiß, woher ich stamme! Ungesättigt gleich der Flamme Glühe und verzehr’ ich mich. Licht wird alles, was ich fasse, Kohle alles, was ich lasse: Flamme bin ich sicherlich.


Denn eine Gesundheit an sich gibt es nicht, und alle Versuche, ein Ding derart zu definieren, sind kläglich missraten. Es kommt auf dein Ziel, deinen Horizont, deine Kräfte, deine Antriebe, deine Irrtümer und namentlich auf die Ideale und Phantasmen deiner Seele an, um zu bestimmen, was selbst für deinen Leib Gesundheit zu bedeuten habe.


Der Vorteil des schlechten Gedächtnisses ist, daß man dieselben guten Dinge mehrere Male zum ersten Mal genießt.


Wir müssen die Dinge lustiger nehmen, als sie es verdienen, zumal wir sie lange Zeit ernster genommen haben, als sie es verdienen.


Der Sinn in den Gebräuchen der Gastfreundschaft ist: das feindliche im Fremden zu lähmen.


Die Geschichte handelt fast nur von diesen schlechten Menschen, welche später gutgesprochen worden sind!


Man hat ein für alle Mal auf eigenen Willen verzichtet, und dies ist leichter, als nur gelegentlich einmal zu verzichten; sowie es auch leichter ist, einer Begierde ganz zu entsagen, als in ihr Maß zu halten.


Unsere Meinungen: die Haut, die wir uns umlegen, in der wir gesehen werden wollen, oder in der wir uns sehen wollen; das Äußerlichste.


Die Zeit für kleine Politik ist vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die Erd-Herrschaft, — den Zwang zur großen Politik.


Ein Beruf macht gedankenlos; darin liegt sein größter Segen. Denn er ist eine Schutzwehr, hinter welche man sich, wenn Bedenken und Sorgen allgemeiner Art einen anfallen, erlaubtermaßen zurückziehen kann.


Die Massen scheinen mir nur in dreierlei Hinsicht einen Blick zu verdienen: einmal als verschwimmende Kopien der großen Männer, auf schlechtem Papier und mit abgenutzten Platten hergestellt, sodann als Widerstand gegen die Großen und endlich als Werkzeuge der Großen; im Übrigen hole sie der Teufel und die Statistik!


Den Stil verbessern — das heißt den Gedanken verbessern, und gar nichts weiter!


Bildung ist das Leben im Sinne großer Geister mit dem Zwecke großer Ziele.


Die Dichter sind gegen ihre Erlebnisse schamlos: sie beuten sie aus.


Mutige Leute überredet man dadurch zu einer Handlung, daß man dieselbe gefährlicher darstellt, als sie ist.


Man hört nur die Fragen, auf welche man im Stande ist, eine Antwort zu finden.


Auf dem Markt glaubt niemand an höhere Menschen.


Christlich ist ein gewisser Sinn der Grausamkeit, gegen sich und andere; der Hass gegen die Andersdenkenden; der Wille, zu verfolgen.


Der Mensch ist inmitten der Natur immer das Kind an sich. Dies Kind träumt wohl einmal einen schweren beängstigenden Traum, wenn es aber die Augen aufschlägt, so sieht es sich immer wieder im Paradiese.


Wünsche will ich, nichts als Wünsche: und immer an Stelle der Erfüllung einen neuen Wunsch.


Der Fanatismus ist nämlich die einzige „Willensstärke“, zu der auch die Schwachen und Unsicheren gebracht werden können.


Notwendige Widersprüche im Denken, um leben zu können.


Gesetzt, der Trieb der Anhänglichkeit und Fürsorge für andere wäre doppelt so stark, als er ist, so wäre es gar nicht auf der Erde auszuhalten.


An dem Gleich-sein-wollen verkümmert die Fähigkeit der Freude.


Eine feine Seele bedrückt es, sich jemanden zum Dank verpflichtet zu wissen, eine grobe, sich jemandem.


Gut deutsch sein heißt sich entdeutschen.


Glaubt mir, des Menschen wahrster Wahn wird ihm im Traume aufgetan: all’ Dichtkunst und Poeterei ist nichts als Wahrtraum-Deuterei.


Es ist wahr: wir lieben das Leben, nicht, weil wir an’s Leben, sondern weil wir an’s Lieben gewöhnt sind.


Alles bei ihnen redet, nichts gerät mehr und kommt zu Ende. Alles gackert, aber wer will noch still auf dem Neste sitzen und Eier brüten?


Und ihr sagt mir, Freunde, dass nicht zu streiten sei über Geschmack und Schmecken?


Wirf das Missvergnügen über dein Wesen ab, verzeihe dir dein eignes Ich, denn in jedem Falle hast du an dir eine Leiter mit hundert Sprossen, auf welchen du zur Erkenntnis steigen kannst.


Es gibt eine Unschuld der Bewunderung: Der hat sie, dem es noch nicht in den Sinn gekommen ist, auch er könne einmal bewundert werden.


Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch – ein Seil über einem Abgrunde. Ein gefährliches Hinüber, ein gefährliches Auf-dem-Wege, ein gefährliches Zurückblicken, ein gefährliches Schaudern und Stehenbleiben.


Sobald ihr handeln wollt, müßt ihr die Tür zum Zweifel verschließen.


Die drei großen Feinde der Unabhängigkeit in jenem dreifachen Sinne sind die Habenichtse, die Reichen und die Parteien.


Der Hang zum Luxus geht in die Tiefe eines Menschen: Er verrät, daß das Überflüssige und Unmäßige das Wasser ist, in dem seine Seele am liebsten schwimmt.


Die Geschäfte manches Reichen und Vornehmen sind seine Art Ausruhens von allzulangem gewohnheitsmäßigem Müßiggang.


Der “Glaube” als Imperativ ist das Veto gegen die Wissenschaft – in praxi die Lüge um jeden Preis…


Pfui! Ihr wollt in ein System hinein, wo man entweder Rad sein muß, voll und ganz, oder unter die Räder gerät!


Unsere Mängel sind unsere besten Lehrer: aber gegen die besten Lehrer ist man immer undankbar.


Für den sehr Einsamen ist schon Lärm ein Trost.


Jedem das Seine geben: das wäre die Gerechtigkeit wollen und das Chaos erreichen.


Habt ihr Acht gegeben, was für Menschen am meisten Wert auf strengste Gewissenhaftigkeit legen? Die, welche sich vieler erbärmlicher Empfindungen bewußt sind, ängstlich von sich und an sich denken und Angst vor anderen haben?


Zur Meisterschaft eines Meisters gehört es, seine Schüler vor sich zu warnen.


Pläne machen und Vorsätze fassen bringt viel gute Empfindungen mit sich.


Alles Geschehen aus Absichten ist reduzierbar auf die Absicht der Mehrung von Macht.


Die Verkennung von Leidenschaft und Vernunft, wie als ob letztere ein Wesen für sich sei und nicht vielmehr ein Verhältniszustand verschiedener Leidenschaften und Begehrungen; und als ob nicht jede Leidenschaft ihr Quantum Vernunft in sich hätte…


Im Beifall ist immer eine Art Lärm: selbst in dem Beifall, den wir uns selber zollen.


Neid und Eifersucht sind die Schamteile der menschlichen Seele.


Die Mediokrität ist die glücklichste Maske, die der überlegene Geist tragen kann.


Was wissen wir, wozu uns die Umstände treiben könnten!


Nicht nur fort euch zu pflanzen, sondern hinauf — dazu, oh meine Brüder, helfe euch der Garten der Ehe!


Der Maler, der Plastiker, der Epiker sind Visionäre par excellence.


Alle öffentlichen Schulen sind auf die mittelmäßigen Naturen eingerichtet.


Man wird mit seinem schlechten Gewissen leichter fertig, als mit seinem schlechten Rufe.


Das Schicksal der Menschen ist auf glückliche Augenblicke eingerichtet — jedes Leben hat solche —, aber nicht auf glückliche Zeiten.


Der Schenkende, der Schaffende, der Lehrende – das sind Vorspiele des Herrschenden.


So sehe man die „Leitmotive“ der ganzen Entwicklung der Philosophie an. Eine Art Rache an der Wirklichkeit.


Nur ästhetisch gibt es eine Rechtfertigung der Welt.


Als ob nicht alle Worte Taschen wären, in welche bald dies, bald jenes, bald mehreres auf einmal gesteckt worden ist!


„Mechanistische Auffassung“ will nichts als Quantitäten, aber die Kraft steckt in der Qualität.


Aber es ist mit dem Menschen wie mit dem Baume. Je mehr er hinauf in die Höhe und Helle will, um so stärker streben seine Wurzeln erdwärts, abwärts, in’s Dunkle, Tiefe, ins Böse.


Wer viel einst zu verkünden hat, schweigt viel in sich hinein. Wer einst den Blitz zu zünden hat, muß lange — Wolke sein.


Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet!


Über euch hinaus sollt ihr einst lieben! So lernt erst lieben! Und darum mußtet ihr den bitteren Kelch eurer Liebe trinken. Bitternis ist im Kelch auch der besten Liebe …


Ihr liebt eure Tugend, wie die Mutter ihr Kind; aber wann hörte man, daß eine Mutter bezahlt sein wollte für ihre Liebe?


Eine Begierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache der Liebe.


Auch ihr liebt die Erde und das Irdische: ich erriet euch wohl! – aber Scham ist in eurer Liebe und schlechtes Gewissen, – dem Monde gleicht ihr!


Lieben und Untergehn: das reimt sich seit Ewigkeiten. Wille zur Liebe: das ist, willig auch sein zum Tode.


Die Liebe ist die Gefahr des Einsamsten, die Liebe zu Allem, wenn es nur lebt! Zum Lachen ist wahrlich meine Narrheit und meine Bescheidenheit in der Liebe!


Denn von Grund aus liebt man nur sein Kind und Werk; und wo große Liebe zu sich selber ist, da ist sie der Schwangerschaft Wahrzeichen: so fand ich’s.


Aber ich lag angekettet an die Liebe zu meinen Kindern: das Begehren legte mir diese Schlinge, das Begehren nach Liebe, daß ich meiner Kinder Beute würde und mich an sie verlöre.


Niemals kroch ich im Leben vor Mächtigen; und log ich je, so log ich aus Liebe.


Wer aber leicht werden will und ein Vogel, der muß sich selber lieben: – also lehre ich. Nicht freilich mit der Liebe der Siechen und Süchtigen: denn bei denen stinkt auch die Eigenliebe! Man muß sich selber lieben lernen – also lehre ich – mit einer heilen und gesunden Liebe: daß man es bei sich selber aushalte und nicht umherschweife.


Widriger aber sind mir noch alle Speichellecker; und das widrigste Tier von Mensch, das ich fand, das taufte ich Schmarotzer: das wollte nicht lieben und doch von Liebe leben.


Mit Tönen tanzt unsre Liebe auf bunten Regenbögen.


Wenn dir deine Weisheit einmal davonliefe, ach! Da liefe dir schnell auch meine Liebe noch davon.


Gib Liebe mir – wer wärmt mich noch? Wer liebt mich noch? – gib heiße Hände.


Alle große Liebe will nicht Liebe: — die will mehr.


Die Feder kritzelt Die Feder kritzelt: Hölle das! Bin ich verdammt zum Kritzeln-Müssen? – So greif’ ich kühn zum Tintenfaß und schreib’ mit dicken Tintenflüssen. Wie läuft das hin, so voll, so breit! Wie glückt mir alles, wie ich’s treibe! Zwar fehlt der Schrift die Deutlichkeit – Was tut’s? Wer liest denn, was ich schreibe?


Herrschen ist: das Gegengewicht der schwächeren Kraft ertragen, also eine Art Fortsetzung des Kampfs.


Es ist das Vorrecht der Größe, mit geringen Gaben hoch zu beglücken.


Sodann die Tradition, das ist die Behauptung, daß das Gesetz bereits seit uralten Zeiten bestanden habe, daß es pietätlos, ein Verbrechen an den Vorfahren sei, es in Zweifel zu ziehn.


Mut zum Leiden. – So wie wir jetzt sind, können wir eine ziemliche Menge von Unlust ertragen, und unser Magen ist auf diese schwere Kost eingerichtet. Vielleicht fänden wir ohne sie die Mahlzeit des Lebens fade: und ohne den guten Willen zum Schmerze würden wir allzu viele Freuden fahren lassen müssen!


Der gefährlichste Parteimann. — In jeder Partei ist einer, der durch sein gar zu gläubiges Aussprechen der Parteigrundsätze die Übrigen zum Abfall reizt.


Soviel auch der Nutzen und die Eitelkeit, von Einzelnen wie von Völkern, in der großen Politik mitwirken mögen: das gewaltigste Wasser, das sie vorwärts treibt, ist das Bedürfnis des Machtgefühls.


Herrschen — und nicht mehr Knecht eines Gottes sein — dies Mittel blieb zurück den Menschen zu veredeln.


Die Wissenschaft — das war bisher die Beseitigung der vollkommenen Verworrenheit der Dinge durch Hypothesen, welche alles „erklären“ — also aus dem Widerwillen des Intellekts an dem Chaos.


Die Deutschen unfassbarer, umfänglicher, widerspruchsvoller, unbekannter, unberechenbarer, überraschender, selbst erschrecklicher, als es andere Völker sich selber sind: — sie entschlüpfen der Definition und sind damit schon die Verzweiflung der Franzosen.


Die Eitelkeit andrer geht uns nur dann wider den Geschmack, wenn sie wider unsre Eitelkeit geht.


Denn was ist Schönheit, wenn nicht das von uns erblickte Spiegelbild einer außerordentlichen Freude der Natur, darüber dass eine neue fruchtbare Möglichkeit des Lebens entdeckt ist?


Ich würde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde.


Gott ist widerlegt, der Teufel nicht.


Auf eine stolze Art sterben, wenn es nicht mehr möglich ist, auf eine stolze Art zu leben.


Wer seine Gedanken nicht auf Eis zu legen versteht, der soll sich nicht in die Hitze des Streites begeben.


Die Phantasie der Angst ist jener böser, äffische Kobold, der dem Menschen gerade dann noch auf den Rücken springt, wenn er schon am schwersten zu tragen hat.


Das Böse ist des Menschen beste Kraft.


Und wohin ich auch steige, überallhin folgt mir mein Hund, der heißt „Ich“.


Der höchste Grad von Individualität wird erreicht, wenn jemand in der höchsten Anarchie sein Reich gründet als Einsiedler.


Egoismus ist kein Prinzip, sondern die eine Tatsache.


Frauen können recht gut mit einem Manne Freundschaft schließen; aber um diese aufrechtzuerhalten – dazu muß wohl eine kleine physische Antipathie mithelfen.


Bei unseren größten Männern muß man immer noch sagen: möchten sie etwas mehr Genie haben und etwas weniger Schauspieler sein!


Es gibt viele Grausame, die nur zu feige zur Grausamkeit sind.


Grundsatz der Allzufeinen Lieber auf den Zehen noch Als auf allen Vieren! Lieber durch ein Schlüsselloch Als durch offne Türen!


Ich liebe den, welcher seine Tugend liebt: denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht.


Wir legen nicht eher besonderen Wert auf den Besitz einer Tugend, bis wir deren völlige Abwesenheit an unserem Gegner wahrnehmen.


Man bleibt nur gut, wenn man vergisst.


Wo man nicht mehr lieben kann, da soll man — vorübergehn!


Es ist oft kein geringes Zeichen von Humanität, einen anderen nicht beurteilen zu wollen und sich zu weigern, über ihn zu denken.


Moral ist die Wichtigtuerei des Menschen vor der Natur.


Wie viel oder wie wenig Gemein-Gefährliches, der Gleichheit Gefährliches in einer Meinung, in einem Zustand und Affekte, in einem Willen, in einer Begabung liegt, das ist jetzt die moralische Perspektive: die Furcht ist auch hier wieder die Mutter der Moral.


Der deutsche Geist ist eine Indigestion, er wird mit nichts fertig.


Der Sozialismus — als die zu Ende gedachte Tyrannei der Geringsten und Dümmsten, der Oberflächlichen, der Neidischen und der Dreiviertels-Schauspieler — ist in der Tat die Schlussfolgerung der modernen Ideen und ihres latenten Anarchismus: aber in der lauen Luft eines demokratischen Wohlbefindens erschlafft das Vermögen, zu Schlüssen oder gar zum Schluss zu kommen.


Der Staat ist eine kluge Veranstaltung zum Schutz der Individuen gegeneinander.


Anstößig aber ist alles wahrhaft Produktive.


Die demokratischen Einrichtungen sind Quarantäne-Anstalten gegen die alte Pest tyrannenhafter Gelüste: als solche sehr nützlich und sehr langweilig.


Die Dressierbarkeit der Menschen ist in diesem demokratischen Europa sehr groß geworden; Menschen welche leicht lernen, leicht sich fügen, sind die Regel: Das Herdentier, sogar höchst intelligent, ist präpariert.


Der echte Parteimann lernt nicht mehr, er erfährt und richtet nur noch.


Wer die Eitelkeit bei sich leugnet, besitzt sie gewöhnlich in so brutaler Form, daß er instinktiv vor ihr das Auge schließt, um sich nicht verachten zu müssen.


Die Bildung wird täglich geringer, weil die Hast größer wird.


Unser Charakter wird noch mehr durch den Mangel gewisser Erlebnisse, als durch das, was man erlebt, bestimmt.


Die Langsamen der Erkenntnis meinen, die Langsamkeit gehöre zur Erkenntnis.


Wer des Vertrauens sicher ist, legt auf Vertraulichkeit wenig Wert.


Der Besitz der Wahrheit ist nicht schrecklich, sondern langweilig wie jeder Besitz.


Eine Periode, wo die alte Maskerade und Moral-Aufputzung der Affekte Widerwillen macht: die nackte Natur, wo die Macht-Quantitäten als entscheidend einfach zugestanden werden (als rangbestimmend ), wo der große Stil wieder auftritt, als Folge der großen Leidenschaft.


Mittel, um schnell verachtet zu werden. — Ein Mensch, der schnell und viel spricht, sinkt außerordentlich tief in unserer Achtung, nach dem kürzesten Verkehre, und selbst wenn er verständig spricht, — nicht nur in dem Maße als er lästig fällt, sondern weit tiefer.


Nein, gerade Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen.


Das Ziel der Menschheit kann nicht am Ende liegen, sondern nur in ihren höchsten Exemplaren.


Die Gewohnheiten unserer Sinne haben uns in Lug und Trug der Empfindung eingesponnen.


Etwas Kurz Gesagtes kann die Frucht und Ernte von vielem Lang-Gedachten sein.


Wer etwas Neues wirklich kennenlernen will (sei es ein Mensch, ein Ereignis, ein Buch), der tut gut, dieses Neue mit aller möglichen Liebe aufzunehmen, von allem, was ihm daran feindlich, anstößig, falsch vorkommt, schnell das Auge abzuwenden, ja es zu vergessen: sodass man zum Beispiel dem Autor eines Buches den größten Vorsprung gibt und geradezu, wie bei einem Wettrennen, mit klopfendem Herzen danach begehrt, daß er sein Ziel erreiche.


Etwas von seinem Eigentume fahren lassen, sein Recht aufgeben — macht Freude, wenn es großen Reichtum anzeigt. Dahin gehört die Großmut.


Nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern hinauf! Dazu helfe dir der Garten der Ehe! Einen höheren Leib sollst du schaffen, eine erste Bewegung, ein aus sich rollendes Rad, — einen Schaffenden sollst du schaffen.


Es ist leichter, Gegensätze zu denken, als Grade.


Jeder Umgang ist schlechter Umgang außer dem mit Seines-Gleichen.


Wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zu Grunde gehen.


Der Autor hat den Mund zu halten, wenn sein Werk den Mund auftut.


Alle Großen waren große Arbeiter, unermüdlich nicht nur im Erfinden, sondern auch im Verwerfen, Sichten, Umgestalten, Ordnen.


Es gibt keine schöne Fläche ohne eine schreckliche Tiefe.


Der Enttäuschte spricht. — „Ich horchte auf Widerhall, und ich hörte nur Lob —“


Still-liegen und Wenig-denken ist das wohlfeilste Arzneimittel für alle Krankheiten der Seele und wird, bei gutem Willen, von Stunde zu Stunde seines Gebrauchs angenehmer.


Jede Gesellschaft hat die Tendenz, ihre Gegner bis zur Karikatur herunterzubringen und gleichsam auszuhungern, — zum Mindesten in ihrer Vorstellung.


Endlich aber verwandelte sich sein Herz, — und eines Morgens stand er [Zarathustra] mit der Morgenröthe auf, trat vor die Sonne hin und sprach zu ihr also: “Du großes Gestirn! Was wäre dein Glück, wenn du nicht die hättest, welchen du leuchtest!”


Aber wie wollte ich gerecht sein von Grund aus! Wie kann ich jedem das Seine geben! Dies sei mir genug: ich gebe jedem das Meine.


Was groß ist am Menschen, das ist, daß er eine Brücke und kein Zweck ist: was geliebt werden kann am Menschen, das ist, daß er ein Übergang und ein Untergang ist.


Heute, wo alles wackelt, wo alle Erde bebt…


Die Mutter der Ausschweifung ist nicht die Freude, sondern die Freudlosigkeit.


Das Duell ist der letzte übrig gebliebene, völlig ehrenvolle Weg zum Selbstmord, leider ein Umschweif, und nicht einmal ein ganz sicherer.


Denn diese [die Massen] sind im Grunde bereit zur Sklaverei jeder Art.


Die beste Medizin: Ein Sieg!


Wer uns das Wesen der Welt enthüllte, würde uns allen die unangenehmste Enttäuschung machen.


Zeus wollte nämlich, daß der Mensch, auch noch so sehr durch die anderen Übel gequält, doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von Neuem quälen zu lassen. Dazu gibt er dem Menschen die Hoffnung: sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert.


Die witzigsten Autoren erzeugen das kaum bemerkbarste Lächeln.


Die moderne Demokratie ist die historische Form vom Verfall des Staates.


Es ist zu bezweifeln, ob ein Vielgereister irgendwo in der Welt hässlichere Gegenden gefunden hat, als im menschlichen Gesichte.


Seit es Menschen gibt, hat der Mensch sich zu wenig gefreut: Das allein, meine Brüder, ist unsre Erbsünde! Und lernen wir besser uns freuen, so verlernen wir am besten, anderen wehezutun und Wehes auszudenken.


Dass ein solcher Mensch [Michel de Montaigne] geschrieben hat, dadurch ist wahrlich die Lust auf dieser Erde zu leben vermehrt worden.


Die guten Schriftsteller haben zweierlei gemeinsam: sie ziehen vor, lieber verstanden als angestaunt zu werden; und sie schreiben nicht für die spitzen und überscharfen Leser.


Das Gute ist leicht. Alles Göttliche läuft auf zarten Füßen.


Wer von Grund aus Lehrer ist, nimmt alle Dinge nur in Bezug auf seine Schüler ernst, — sogar sich selbst.


„Freunde, es gibt keine Freunde!“ so rief der sterbende Weise; „Feinde, es gibt keinen Feind!“ — ruf’ ich, der lebende Tor.


Und alles überhaupt, was Würde heißt: Das ist die Verstellungsform derer, welche im Grunde furchtsam sind, — sie wollen damit fürchten machen.


Einige Männer haben über die Entführung ihrer Frauen geseufzt, die meisten darüber, daß niemand sie ihnen entführen wollte.


Nicht wenn es gefährlich ist, die Wahrheit zu sagen, findet sie am seltensten Vertreter, sondern wenn es langweilig ist.


Das einzige entscheidende Argument, welches zu allen Zeiten die Menschen abgehalten hat, ein Gift zu trinken, ist nicht, daß es tötete, sondern, daß es schlecht schmeckte.


In der Einsamkeit frisst sich der Einsame selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die Vielen. Nun wähle.


Jedes Wort ist ein Vorurteil.


„Glaube“ heißt Nicht-wissen-wollen, was wahr ist.


Nicht darin, wie eine Seele sich der anderen nähert, sondern wie sie sich von ihr entfernt, erkenne ich ihre Verwandtschaft und Zusammengehörigkeit mit der anderen.


Der große Stil entsteht, wenn das Schönste den Sieg über das Ungeheure davon trägt.


Der gefundene Stil ist eine Beleidigung für den Freund des gesuchten Stils.


Die meisten Denker schreiben schlecht, weil sie uns nicht nur ihre Gedanken, sondern auch das Denken der Gedanken mitteilen.


Wer in Blut und Sprüchen schreibt, der will nicht gelesen, sondern auswendig gelernt werden.


Das Sprüchwort spricht Scharf und milde, grob und fein, Vertraut und seltsam, schmutzig und rein, Der Narren und Weisen Stelldichein: Dies alles bin ich, will ich sein, Taube zugleich, Schlange und Schwein!


Ein Deutscher ist großer Dinge fähig, aber es ist unwahrscheinlich, daß er sie tut.


An der Brücke stand jüngst ich in brauner Nacht. Fernher kam Gesang: goldener Tropfen quoll’s über die zitternde Fläche weg. Gondeln, Lichter, Musik — trunken schwamm’s in die Dämmrung hinaus… Meine Seele, ein Saitenspiel, sang sich, unsichtbar berührt, heimlich ein Gondellied dazu, zitternd vor bunter Seligkeit. — Hörte Jemand ihr zu?…


Wenn man keinen guten Vater hat, so soll man sich einen anschaffen.


Allgemein ist die Hast, weil jeder auf der Flucht vor sich selber ist.


Wenn die Dankbarkeit vieler gegen einen alle Scham wegwirft, so entsteht Ruhm.


Schön ist es miteinander schweigen, schöner – miteinander zu lachen.


Der Sinn der Strafe ist nicht abzuschrecken, sondern in der gesellschaftlichen Ordnung jemanden niedriger zu setzen: er gehört nicht mehr zu den uns Gleichen.


Wahrheit ist die Art von Irrtum, ohne welche eine bestimmte Art von lebendigen Wesen nicht leben könnte.


Diesen Übergang aus momentaner Angst in kurz dauernden Übermut nennt man das Komische.


Denn eben diese Instinkte sind bereits das Erzeugnis endlos lang fortgesetzter Prozesse.


Drücken wir das Abbild der Ewigkeit auf unser Leben!


Und wahrlich, mancher Zufall kam herrisch zu mir: aber herrischer noch sprach zu ihm mein Wille.


Auch beim Geringsten, was wir absichtlich tun, z. B. kauen, ist das Allermeiste unabsichtlich.


Sobald irgendwo die Korruption eintritt, nimmt ein bunter Aberglaube überhand und der bisherige Gesamtglaube eines Volkes wird blass und ohnmächtig dagegen: der Aberglaube ist nämlich die Freigeisterei zweiten Ranges.


Vereinsamt Die Krähen schrei’n Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: Bald wird es schnei’n — Wohl dem‚ der jetzt noch — Heimat hat! Nun stehst du starr‚ Schaust rückwärts ach! wie lange schon! Was bist du Narr Vor Winters in die Welt — entflohn? Die Welt — ein Tor Zu tausend Wüsten stumm und kalt! Wer das verlor‚ Was du verlorst‚ macht nirgends Halt. Nun stehst du bleich‚ Zur Winter-Wanderschaft verflucht‚ Dem Rauche gleich‚ Der stets nach kältern Himmeln sucht. Flieg’‚ Vogel‚ schnarr’ Dein Lied im Wüsten-Vogel-Ton! — Versteck’‚ du Narr‚ Dein blutend Herz in Eis und Hohn! Die Krähen schrei’n Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt: Bald wird es schnei’n‚ Weh dem‚ der keine Heimat hat!


Im echten Manne ist ein Kind versteckt: das will spielen. Auf, ihr Frauen, so entdeckt mir doch das Kind im Manne!


Wenn ihr mehr an das Leben glaubtet, würdet ihr weniger euch dem Augenblicke hinwerfen.


Die Anhänger eines großen Mannes pflegen sich zu blenden, um sein Lob besser singen zu können.


Man greift nicht nur an, um jemandem wehe zu tun, ihn zu besiegen, sondern vielleicht auch nur, um sich seiner Kraft bewußt zu werden.


Gedanken sind die Schatten unserer Empfindungen, — immer dunkler, leerer, einfacher, als diese.


Das Publikum verwechselt leicht den, welcher im Trüben fischt, mit dem, welcher aus der Tiefe schöpft.


Unsere Nächstenliebe — ist sie nicht ein Drang nach neuem Eigentum?


Es ist noch nicht genug, eine Sache zu beweisen, man muß die Menschen zu ihr auch noch verführen oder zu ihr erheben.


Die Griechen lernten allmählich das Chaos zu organisieren, dadurch dass sie sich, nach der delphischen Lehre, auf sich selbst, das heißt auf ihre echten Bedürfnisse zurück besannen und die Schein-Bedürfnisse absterben ließen.


Nicht die Abwesenheit der Liebe, sondern die Abwesenheit der Freundschaft macht die unglücklichen Ehen.


„Lieber schuldig bleiben, als mit einer Münze zahlen, die nicht unser Bild trägt!“ — so will es unsere Souveränität.


Man erwäge! — Der gestraft wird, ist nicht mehr der, welcher die Tat getan hat. Er ist immer der Sündenbock.


Der Krieg simplifiziert. Tragödie für Männer. Welches sind die Wirkungen auf die Kultur? Indirekte: er barbarisiert und macht dadurch natürlicher. Er ist ein Winterschlaf der Kultur.


Erklärung: das ist der Ausdruck eines neuen Dinges vermittelst der Zeichen von schon bekannten Dingen.


Wer die Menschen einst fliegen lehrt, der hat alle Grenzsteine verrückt; alle Grenzsteine selber werden ihm in die Luft fliegen, die Erde wird er neu taufen — als „die Leichte“.


Denkendere Zeiten, zerdachtere Zeiten, als unser Heut und Gestern ist.


Denken ist ein Herausheben.


Die Größe eines „Fortschritts“ bemisst sich sogar nach der Masse dessen, was ihm alles geopfert werden musste.


Wer sich als Einsiedler zu fühlen gewöhnt hat, wer mit kalten Blicken durch alle die gesellschaftlichen und kameradschaftlichen Verbindungen hindurchsieht und die winzigen und zwirnfädigen Bändchen merkt, die Mensch an Menschen knüpfen, Bändchen so fest, daß ein Windhäuchchen sie zerbläst: wer dazu die Einsicht hat, daß nicht die Flamme des Genies ihn zum Einsiedler macht, jene Flamme, aus deren Lichtkreis alles flieht, weil es von ihr beleuchtet so totentanzmäßig so narrenhaft, spindeldürr und eitel erscheint: nein wer einsam ist vermöge einer Naturmarotte, vermöge einer seltsam gebrauten Mischung von Wünschen, Talenten und Willensstrebungen, der weiß, welch „ein unbegreiflich hohes Wunder“ ein Freund ist; und wenn er ein Götzendiener ist, so muß er vor allem „dem unbekannten Gotte, der den Freund schuf“ einen Altar errichten.


Nichts ist teurer erkauft, als das Wenige von menschlicher Vernunft und vom Gefühle der Freiheit, welches jetzt unseren Stolz ausmacht.


Freigebigkeit ist bei Reichen oft nur eine Art Schüchternheit.


Wie? Das „Wunder“ nur ein Fehler der Interpretation? Ein Mangel an Philologie? —


Der Einwand, der Seitensprung, das fröhliche Misstrauen, die Spottlust sind Anzeichen der Gesundheit: alles Unbedingte gehört in die Pathologie.


Im Namen der Frauen das Wort zu führen ist mir versagt.


Vielleicht ist die Wahrheit ein Weib, das Gründe hat, ihre Gründe nicht sehen zu lassen?


Alles Politisieren, auch bei den größten Staatsmännern, ist Improvisieren auf gut Glück.


Aber der Staat lügt in allen Zungen des Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt — und was er auch hat, gestohlen hat er’s.


Das, was ich Pathos der Distanz nenne, ist jeder starken Zeit zu eigen.


Man muß die Erleichterung der Arbeit nicht zu teuer kaufen.


Der Grad der Furchtsamkeit ist ein Gradmesser der Intelligenz.


Durch Worte und Begriffe werden wir jetzt noch fortwährend verführt, die Dinge uns einfacher zu denken, als sie sind, getrennt voneinander, unteilbar, jedes an und für sich seiend.


Ich liebe diese Art Feigheit gegen die eigene Tat nicht; man soll sich selbst nicht im Stich lassen, unter dem Ansturz unerwarteter Schande und Bedrängnis.


Wenn die Ehegatten nicht beisammen lebten, würden die guten Ehen häufiger sein.


Von dem, was du erkennen und messen willst, mußt du Abschied nehmen, wenigstens auf eine Zeit. Erst wenn du die Stadt verlassen hast, siehst du, wie hoch sich ihre Türme über die Häuser erheben.


Das Wort ist nur Symbol des Begehrens.


Im Übrigen bin ich entschlossen alt zu werden; denn sonst kann man es zu nichts bringen. Aber nicht aus Vergnügen am Leben will ich alt werden.


Mir ist mitunter als ob ich als Längst-Gestorbener mir die Dinge und Menschen anschaute – sie bewegen, erschrecken und entzücken mich, ich bin ihnen aber ganz ferne.


Meine Existenz ist eine fürchterliche Last: Ich hätte sie längst von mir abgeworfen, wenn ich nicht die lehrreichsten Proben und Experimente auf geistig-sittlichem Gebiete gerade in diesem Zustande des Leidens und der fast absoluten Entsagung machte – diese erkenntnisdurstige Freudigkeit bringt mich auf Höhen, wo ich über alle Marter und alle Hoffnungslosigkeit siege.


Sie wissen auch, daß ich kein „Mensch der Tat“ bin und in bedauerlicher Weise hinter meinen besten Absichten zurückbleibe.


Ach, Freund, mitunter läuft mir die Ahnung durch den Kopf, daß ich eigentlich ein höchst gefährliches Leben lebe, denn ich gehöre zu den Maschinen, welche zerspringen können! Die Intensitäten meines Gefühls machen mich schaudern und lachen – schon ein paar Mal konnte ich das Zimmer nicht verlassen, aus dem lächerlichen Grunde, daß meine Augen entzündet waren – wodurch? Ich hatte jedesmal den Tag vorher auf meinen Wanderungen zuviel geweint, und zwar nicht sentimentale Tränen, sondern Tränen des Jauchzens; wobei ich sang und Unsinn redete, erfüllt von einem neuen Blick, den ich vor allen Menschen voraus habe.


Einsame Menschen leiden fürchterlich an Erinnerungen.


Mein Glaube ist, daß es höhere und tiefere Menschen gibt, und viele Stufen und Distanzen; und es ist unerläßlich, daß der höhere Mensch nicht nur höher steht, sondern auch den Affekt der Distanz fühlt und zeitweilig zu erkennen gibt – unerläßlich mindestens dafür, daß sein Höher-sein wirkt, also höher macht. Wenn ich den ersten Zarathustra ganz verstehe: so will er eben an solche sich wenden, welche im Gedränge und mitten im Gesindel lebend entweder ganz und gar die Opfer dieses Distanz-Affektes werden (des Ekels, unter Umständen!) oder ihn ablegen müssen: denen redet er zu, sich auf eine einsame glückselige Insel zu flüchten – oder nach Venedig.


Sobald ich jetzt sagen muß: „Ich halte die Einsamkeit nicht mehr aus!“, so empfinde ich eine unsägliche Erniedrigung vor mir selber – ich bin dem Höchsten, das in mir ist, abtrünnig geworden.


Wer weiß, wie viele Generationen erst vorübergehen müssen, um einige Menschen hervorzubringen, die es in seiner ganzen Tiefe nachfühlen, was ich getan habe! Und dann selbst noch macht mir der Gedanke Schrecken, was für Unberechtigte und gänzlich Ungeeignete sich einmal auf meine Autorität berufen werden. Aber das ist die Qual jedes großen Lehrers der Menschheit: Er weiß, daß er, unter Umständen und Unfällen, der Menschheit zum Verhängnis werden kann, so gut als zum Segen.


Alle Menschen aber, die irgendeinen heroischen Impuls in sich haben zu ihrem eigenen Ziele hin, werden sich eine große Kraft aus meinem Zarathustra herausnehmen.


Es scheint mir, daß ein Mensch, bei dem allerbesten Willen, unsäglich viel Unheil anstiften kann, wenn er unbescheiden genug ist, denen nützen zu wollen, deren Geist und Wille ihm verborgen ist.


Diese verfluchten Antisemiten-Fratzen sollen nicht an mein Ideal greifen!!


Die beiden Schriften über Schopenhauer und Richard Wagner stellen, wie mir heute scheint, mehr Selbstbekenntnisse, vor allem Selbstgelöbnisse über mich dar als etwa eine wirkliche Psychologie jener mir ebenso tief verwandten als antagonistischen Meister.


Je mehr sich einer gehen lässt, um so weniger lassen ihn die anderen gehen.


Ein Philosoph: das ist ein Mensch, der beständig außerordentliche Dinge erlebt, sieht, hört, argwöhnt, hofft, träumt; der von seinen eignen Gedanken wie von außen her, wie von oben und unten her, als von seiner Art Ereignissen und Blitzschlägen getroffen wird; der selbst vielleicht ein Gewitter ist, welches mit neuen Blitzen schwanger geht; ein verhängnisvoller Mensch, um den herum es immer grollt und brummt und klafft und unheimlich zugeht.


Warum ist die Natur so kärglich gegen den Menschen gewesen, daß sie ihn nicht leuchten ließ, diesen mehr, jenen weniger, je nach seiner innern Lichtfülle? Warum haben große Menschen nicht eine so schöne Sichtbarkeit in ihrem Aufgange und Niedergange wie die Sonne? Wie viel unzweideutiger wäre alles Leben unter Menschen!


Wer mit sich unzufrieden ist, ist fortwährend bereit, sich dafür zu rächen: wir anderen werden seine Opfer sein, und sei es auch nur darin, daß wir immer seinen häßlichen Anblick zu ertragen haben.


Der, welcher keine Bücher schreibt, viel denkt und in unzureichender Gesellschaft lebt, wird gewöhnlich ein guter Briefschreiber sein.


Die angeblich kürzeren Wege haben die Menschheit immer in Gefahr gebracht; sie verläßt immer bei der frohen Botschaft, daß ein solcher kürzerer Weg gefunden sei, ihren Weg – und verliert den Weg.


Lieber Freund, was für ein Sommer! Ich denke Sie mir im Zimmer sitzen, mehr Omelette als Mensch.


Das Beste an einem großen Siege ist, daß er dem Sieger die Furcht vor einer Niederlage nimmt.


Die Grenzen der Vernunft begreifen — das erst ist wahrhaft Philosophie…


Aber damit wird Heraklit ewig recht behalten, daß das Sein eine leere Fiktion ist.


„Das habe ich getan“ sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben — sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich — gibt das Gedächtnis nach.


Für den tragischen Helden ist es notwendig, an dem zugrunde zu gehen, womit er siegen soll.


Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes, — aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.


Es kommt in der Wirklichkeit nichts vor, was der Logik streng entspräche.


Korruption ist nur ein Schimpfwort für die Herbstzeiten eines Volkes.


Jede uns fördernde Erkenntnis ist ein Identifizieren des Nichtgleichen, des Ähnlichen, d.h. ist wesentlich unlogisch.


Meine Gerechtigkeit ist Liebe mit sehenden Augen.


Wenn man klug ist, ist einem allein darum zu tun, daß man Freude im Herzen habe. – Ach, setzte jemand hinzu, wenn man klug ist, tut man am besten, weise zu sein.


Der Satz vom Bestehen der Energie fordert die ewige Wiederkehr.


Die Deutschen haben das Pulver erfunden — alle Achtung! Aber sie haben es wieder quitt gemacht — sie erfanden die Presse.


Tiefdenkende Menschen kommen sich im Verkehr mit anderen als Komödianten vor, weil sie sich da, um verstanden zu werden, immer erst eine Oberfläche abheucheln müssen.


Alle guten Dinge sind starke Reizmittel zum Leben, selbst jedes gute Buch, das gegen das Leben geschrieben ist.


Die Vertraulichkeit des Überlegenen erbittert, weil sie nicht zurückgegeben werden darf.


Die Einsamkeit mürbt… die Einsamkeit verdirbt…


Alle Erweiterung unsrer Erkenntnis entsteht aus dem Bewusstmachen des Unbewussten.


Der Fromme spricht Gott liebt uns, weil er uns erschuf! — „Der Mensch schuf Gott!“ — sagt drauf ihr Feinen. Und soll nicht lieben, was er schuf? Soll’s gar, weil er es schuf, verneinen? Das hinkt, das trägt des Teufels Huf.


Das Weib gibt sich weg, der Mann nimmt hinzu — ich denke, über diesen Natur-Gegensatz wird man durch keine sozialen Verträge, auch nicht durch den allerbesten Willen zur Gerechtigkeit hinwegkommen: so wünschenswert es sein mag, daß man das Harte, Schreckliche, Rätselhafte, Unmoralische dieses Antagonismus sich nicht beständig vor Augen stellt.


Nichts ist mehr euer eigen, als eure Träume! Nichts mehr euer Werk! Stoff, Form, Dauer, Schauspieler, Zuschauer, — in diesen Komödien seid ihr alles ihr selber!


Wer sich selbst erniedrigt, will erhöhet werden.


Nur im Tanze weiß ich der höchsten Dinge Gleichnis zu reden.


Ein Gabe ausschlagen zu müssen, weil sie nicht auf die rechte Weise angeboten wurde, erbittert gegen den Geber.


Man liebt zuletzt seine Begierde, und nicht das Begehrte.


Heiterkeit, güldene, komm! du des Todes heimlichster, süßester Vorgenuß! – Lief ich zu rasch meines Wegs? Jetzt erst, wo der Fuß müde ward, holt dein Blick mich noch ein, holt dein Glück mich noch ein. Rings nur Welle und Spiel. Was je schwer war, sank in blaue Vergessenheit – müßig steht nun mein Kahn. Sturm und Fahrt – wie verlernt er das! Wunsch und Hoffen ertrank, glatt liegt Seele und Meer. Siebente Einsamkeit! Nie empfand ich näher mir süße Sicherheit, wärmer der Sonne Blick. – Glüht nicht das Eis meiner Gipfel noch? Silbern, leicht, ein Fisch schwimmt nun mein Nachen hinaus.


Alle großen, alle schönen Dinge können nie Gemeingut sein: pulchrum est paucorum hominum.


Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden, und die nach langem Gebrauche einem Volke fest, kanonisch und verbindlich dünken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, dass sie welche sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos geworden sind, Münzen, die ihr Bild verloren haben und nun als Metall, nicht mehr als Münzen in Betracht kommen.


Die Grausamkeit gehört zur ältesten Festfreude der Menschheit. Folglich denkt man sich auch die Götter erquickt und festlich gestimmt, wenn man ihnen den Anblick der Grausamkeit anbietet, — und so schleicht sich die Vorstellung in die Welt, daß das freiwillige Leiden, die selbsterwählte Marter einen guten Sinn und Wert habe.


Man nehme sich vor allen Personen in acht, welche das bittere Gefühl des Fischers haben, der nach mühevollem Tagewerk am Abend mit leeren Netzen heimfährt.


Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht?


Vom Tiere und von der Pflanze müssen wir lernen, was Blühen ist.


Man muss Flügel haben, wenn man den Abgrund liebt.


Man verdirbt einen Jüngling am sichersten, wenn man ihn anleitet, den Gleichdenkenden höher zu achten, als den Andersdenkenden.


Gute Lieder wollen gut wiederhallen; nach guten Liedern soll man lange schweigen.


Es gibt bei jeder Handlung 1) das wirkliche Motiv das verschwiegen wird 2) das präsentable eingeständliche Motiv.


Jede größere Arbeit … hat einen ethischen Einfluß. Das Bemühen, einen Stoff zu konzentrieren und harmonisch zu gestalten, ist ein Stein, der in unser Seelenleben fällt: aus dem engen Kreise werden viele weitere.


Die Moralität der Bescheidenheit ist die schlimmste Verweichlichung für solche Seelen, bei denen es allein Sinn hat, daß sie beizeiten hart werden.


Seine notwendigen Bedürfnisse so viel wie möglich selber befriedigen, wenn auch unvollkommen, das ist die Richtung auf Freiheit von Geist und Person. Viele, auch überflüssige Bedürfnisse sich befriedigen lassen, und so vollkommen als möglich, — erzieht zur Unfreiheit.


Eine Behauptung wirkt stärker als ein Argument, wenigstens bei der Mehrzahl der Menschen; denn das Argument weckt Misstrauen. Deshalb suchen die Volksredner die Argumente ihrer Partei durch Behauptungen zu sichern.


Nur bis zu einem gewissen Grade macht der Besitz den Menschen unabhängiger, freier; eine Stufe weiter — und der Besitz wird zum Herrn, der Besitzer zum Sklaven.


Euer Geschäft — das ist euer größtes Vorurteil, es bindet euch an euren Ort, an eure Gesellschaft, an eure Neigungen.


Das verwundbarste Ding und doch das unbesiegbarste ist die menschliche Eitelkeit: ja durch die Verwundung wächst seine Kraft und kann zuletzt riesengroß werden.


Das Nützlichste an der großen Entsagung ist, dass sie uns jenen Tugendstolz mitteilt, vermöge dessen wir von da an leicht viele kleine Entsagungen von uns erlangen.


Wer viel denkt, eignet sich nicht zum Parteimann: er denkt sich zu bald durch die Partei hindurch.


… dass alles Entscheidende „trotzdem“ entsteht …


Ein Werkzeug kann nicht seine eigene Tauglichkeit kritisieren: der Intellekt kann nicht selber seine Grenze, auch nicht sein Wohlgeratensein oder sein Missratensein bestimmen.


Dies ist keine vollständige liste der zitate von Friedrich-Wilhelm-Nietzsche. Zitate anderer autoren sind ebenfalls verfügbar.