Die Gnade ist in ihrem Ermessen frei; sie urteilt nicht nach der Klageformel, sondern nach der Billigkeit und dem Guten: sie kann freisprechen und den Wert des Streites nach Belieben anschlagen.
Du wirst selber zugeben, daß das Lesen vieler Schriftsteller und der verschiedenartigsten Bücher vag und unstet macht.
Was auch immer für ein Ende mir das Schicksal bestimmt hat, ich werde es ertragen.
Alle Grausamkeit entspringt der Schwäche.
Es wächst der Mut bei jedem Blick auf die Größe des Unternehmens. Crescit animus, quotiens coepti magnitudinem attendit.
Es gibt keinen zuverlässigeren Beweis von Geistesgröße, als wenn man sich durch nichts, was einem begegnen kann, in Aufruhr bringen läßt. In der oberen und mehr geordneten Region, in der Nähe der Gestirne, bilden sich weder Wolken, noch werden Stürme erregt oder Wirbelwinde; sie erfährt keinen Aufruhr, nur in den niedrigen Regionen blitzt es.
Fang jetzt zu leben an und zähle jeden Tag als ein Leben für sich.
Häßlichkeit schändet nicht die Seele, aber eine schöne Seele adelt den Leib.
Ich habe damit begonnen, mir selbst ein Freund zu sein. Damit ist schon viel gewonnen, man kann dann nicht mehr einsam sein. Wisse auch, daß ein solcher Mensch, allen ein rechter Freund sein wird.
Jählings neigt sich der Genuß zum Schmerz, wenn er nicht Maß gehalten hat.
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.
Jeder Mensch will lieber glauben, als sich selbst ein Urteil zu bilden.
Jener letzte Tag, vor dem du zurückschreckst, ist der Geburtstag der Ewigkeit.
Lang ist der Weg durch Belehren, kurz und wirksam durch Beispiele. Longum iter est per praecepta, breve et efficax per exempla.
Manche weisen Männer haben den Zorn als eine vorübergehende Geistesstörung bezeichnet.
Muße ohne geistige Beschäftigung ist Tod und lebender Menschen Grab.
Nicht wer wenig hat, sondern wer viel wünscht, ist arm.
Niemand liebt das Leben so wie einer, der alt wird.
So groß die Schar der Bewunderer, so groß die Schar der Neider.
Tugend ist der einzige Adel.
Unsere Zeit wird uns teils geraubt, teils abgeluchst, und was übrigbleibt, verliert sich unbemerkt.
Unzählige Menschen haben Völker und Städte beherrscht, ganz wenige nur sich selbst.
Verachte alle überflüssige Pracht, denke, daß nichts als der Geist Bewunderung verdient: ist er selbst groß, so ist ihm nichts groß.
Was das Gesetz nicht verbietet, verbietet der Anstand.
Was du für den Gipfel hältst, ist nur eine Stufe.
Weise Lebensführung gelingt keinem durch Zufall. Man muß, solange man lebt, lernen, wie man leben soll.
Wenn du wünschst, daß ein anderer dein Geheimnis bewahre, dann bewahre es erst selber.
Wenn etwas kleiner ist als das Große, so ist es darum noch lange nicht unbedeutend.
Wer nicht zu schweigen weiß, der weiß auch nicht zu reden.
Wer vor den Spiegel tritt, um sich zu ändern, der hat sich schon geändert.
Wichtiger ist, von wo man fällt, als wohin.
Willst du nicht zornig sein, so sei nicht neugierig.
Wir haben nicht zu wenig Zeit, sondern vergeuden zu viel.
Wir sind nun mal zur Gemeinschaft geboren. Unsere gesellschaftliche Verbindung ist einem Steingebäude ähnlich, das einstürzen würde, wenn die Steine einander nicht wechselseitig stützten.
Zorn gleicht einem vorübergehenden Wahnsinn, denn er ist, ebensowenig wie dieser, Herr über sich selbst.
Ein Teil der Heilung war noch immer, geheilt werden zu wollen.
Nirgends ist, wer überall ist.
Der Fürst ist der erste Diener seines Staates.
Es hat noch keinen großen Geist ohne Beimischung von Wahnsinn gegeben.
Schlechte Beispiele wirken auf die zurück, die sie geben.
Leben heißt kämpfen. Ruhe wirst du im Grab haben.
Was einst Laster war, ist heute Sitte.
Beim Lehren lernt man.
Ich bin dankbar, nicht weil es vorteilhaft ist, sondern weil es Freude macht.
Der Geist ist’s, welcher reich macht.
Wer unser Freund ist, liebt uns; aber wer uns liebt, ist deshalb noch nicht unser Freund.
Wo die Natur nicht will, da ist die Arbeit umsonst.
Alle, sage ich, streben dorthin, zur Freude, aber wo sie dauerhafte und große Freude finden, wissen sie nicht.
Gehe so mit deinen Untergebenen um, wie du willst, daß ein Höherer mit dir umgehen möge.
Wem ist die Sache nicht leichter erschienen, sobald er sie nur anfasste? Nicht weil sie schwer ist, wagen wir sie nicht, sondern weil wir sie nicht wagen, ist sie schwer.
Aller Besitz ist vom Schicksal geborgt.
Der Tod ist die Befreiung und das Ende von allen Übeln, über ihn gehen unsere Leiden nicht hinaus, er versetzt uns in jene Ruhe zurück, in der wir lagen, ehe wir geboren wurden.
Auf seinem eigenen Misthaufen ist der Hahn der Mächtigste.
Das höchste Gut, ist die Harmonie der Seele mit sich selbst.
Der größte Verlust fürs Leben ist das Hinausschieben; es verträumt immer den ersten Tag und entreißt die Gegenwart, indem es auf die Zukunft verweist. Aber alles, was kommen wird, steht unsicher: Lebe für den Augenblick!
Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück; es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt.
Nicht-Wollen ist der Grund – Nicht-Können nur der Vorwand.
Wer nicht weiß, nach welchem Hafen er segelt, dem ist kein Wind der rechte.
Wer sich zwischen den Sternen bewegt, kann nur noch lächeln über die kostbaren Fußböden der Reichen.
Die höchsten Güter der Menschheit sind menschlicher Willkür entzogen.
Keiner kennt die Härte eines Kiesels besser, als wer auf ihn einschlägt!
Wie lange ich lebe, liegt nicht in meiner Macht; daß ich aber, solange ich lebe, wirklich lebe, das hängt von mir ab.
Lebe so mit den Menschen, als sähe es Gott; sprich so mit Gott, als hörten es die Menschen.
Das schlimmste Übel ist ausscheiden aus der Schar der Lebendigen, ehe man stirbt.
Wer Weisheit sucht, ist ein Weiser; wer glaubt, sie gefunden zu haben, ist ein Narr.
Nicht die ans Licht gekommenen Wahrheiten fördern Revolutionen, sondern Wahrheiten, die unterdrückt wurden.
Nur ein begeisterter Mann kann etwas Großes und über das Gewöhnliche Erhabene aussprechen. Wenn er das Gemeine und Alltägliche verachtet und in heiliger Begeisterung sich höher schwingt, dann erst verkündet er Größeres, als ein sterblicher Mund. Nichts Erhabenes und Hohes kann er erreichen, solange er bei sich selbst ist; abweichen muß er vom Gewöhnlichen , sich aufwärts schwingen, in die Zügel knirschen und seinen Lenker (den Verstand nämlich) mit sich reißen und ihn dahin führen, wohin zu steigen er für sich selbst wohl nicht gewagt hätte.
Den guten Steuermann lernt man erst im Sturm kennen.
Dummköpfe, die ihr seid, Überflüssigem nachzujagen, am Leben vorbeizugehen, während ihr die Mittel zum Leben aufzutreiben sucht.
Das stärkste Hindernis für unseren Aufstieg bildet die Tatsache, daß wir zu schnell mit uns zufrieden sind.
Glaube nicht, daß jeder, der lacht, sich auch freut; wahre Freude ist eine ernste Sache.
Es ist unser Irrtum, daß wir den Tod in der Zukunft erwarten. Er ist zum großen Teil schon vorüber. Was von unserem Leben hinter uns liegt, hat der Tod.
Laßt uns sagen, was wir empfinden, und empfinden, was wir sagen. Laßt die Rede mit dem Leben übereinstimmen.
Wenn du geliebt werden willst, liebe!
Was für ein Ruhm liegt in einer großen Trinkfestigkeit? Auch wenn Du die Palme erringst und deine vom Schlaf hingestreckten und sich erbrechenden Trinkkumpane jedes Zutrinken zurückweisen, selbst wenn du der einzige Überlebende des ganzen Gelages bist, alle durch deine großartige Leistungsfähigkeit übertroffen hast und niemand sich als so trinkfest erweist wie du, wirst du zuletzt doch besiegt: vom Faß.
Jetzt aber handeln die meisten so, daß sie den Einsturz, den sie wehren sollten selbst auf sich herabziehen.
Die Begehrlichkeit kennt keine Schranke, nur Steigerung.
Was einen treffen kann, kann jeden treffen.
Manche haben zu leben schon aufgehört, ehe sie anfingen.
Wer Großes versucht, ist bewunderswert, auch wenn er fällt.
Nie ist zu wenig, was genügt.
Furcht ist die Folge der Hoffnung.
Glückselig kann auch der genannt werden, der, von der Vernunft geleitet, nichts mehr wünscht und nichts mehr fürchtet.
Jeder will lieber glauben als nachdenken, und so wird nie über das Leben nachgedacht.
Anstrengung ist für edle Geister eine Stärkung.
Oh ihr Götter! Wie viele Menschen beschäftigt ein einziger Bauch!
Das wahre Geschenk besteht nicht in dem, was gegeben oder getan wird, sondern in der Absicht des Gebenden oder Handelnden.
Immer glücklich zu sein und ohne schweres Herz durch’s Leben zu gehen heißt, die andere Seite der Welt nicht kennen.
Fest und stark ist nur der Baum, der unablässig Winden ausgesetzt war, denn im Kampf festigen und verstärken sich seine Wurzeln.
Von der Zukunft hängt ab, wer nicht versteht, in der Gegenwart zu wirken.
Nur die Ruhe ist heiter, die uns die Vernunft schenkt.
Deine Einstellung mußt du ändern, nicht deinen Aufenthaltsort.
Man kann ein Fest auch ohne Schlemmerei feiern.
Calamitosus animus futuri anxius.
Tief unglücklich die Seele, die sorgend die Zukunft bedenkt.
Um das Menschengeschlecht macht sich verdienter, wer es belacht, als wer darüber Tränen vergießt.
Die Krankheiten, unter denen wir leiden, sind nicht unheilbar, und uns, die wir zum rechten geboren, hilft die Natur selbst, wenn wir die Heilung nur wollen.
Ein großer Geist, der sich selbst richtig schätzt, rächt Beleidigungen nicht, weil er für sie keinen Sinn hat.
Sei dankbar für das, was du hast; warte auf das übrige und sei froh, daß du noch nicht alles hast; es ist auch ein Vergnügen, noch auf etwas zu hoffen.
Wer jeden Abend sagen kann: “Ich habe gelebt!” dem bringt jeder Morgen einen neuen Gewinn.
Zum König oder zum Narren muß man geboren sein. Aut regem aut fatuum nasci oportere.
Ein wirksames Heilmittel gegen Angst ist Milde.
Eine Hand wäscht die andere.
Nicht für das Leben, für die Schule lernen wir! Non vitae, sed scholae discimus.
Niemand ist zufällig gut, die Tugend muß man lernen.
Sich selbst besiegen ist der schwerste Sieg.
Die Seele muß frisch, voll Zuversicht und über alles erhaben sein.
Vollständige Sorglosigkeit und eine unerschütterliche Zuversicht sind das Wesentliche eines glücklichen Lebens.
Kein Übel ist so groß wie die Angst davor.
Ohne Gefährten ist kein Glück erfreulich.
Am reichsten ist, wer arm an Begierden.
Goldene Zügel machen ein Pferd nicht besser.
Nicht auf die Größe des Vermögens, sondern auf die des Geistes kommt es an.
Vertraue auf dein Glück – und du ziehst es herbei.
Kein Tag ist frei von Kummer.
Wie töricht ist es, Pläne für das ganze Leben zu machen, da wir doch nicht einmal Herren des morgigen Tages sind.
Den, der zu sterben wünscht, läßt der Tod niemals im Stich.
Die Asche macht alle gleich.
Der hat die Weisheit erfaßt, der ebenso sorglos stirbt, wie er geboren wurde.
Das Schicksal kann Reichtümer, aber nicht den Geist rauben.
O welch ärmliches Geschöpf ist der Mensch, wenn er sich nicht über das Menschliche erhebt.
Täglich aber droht dem Menschen vom Menschen Gefahr.
Das Schwierigste ist, sich selbst zu besiegen.
Das Alter ist nämlich eine unheilbare Krankheit.
Eine Stiefmutter muß jedermann, wenn sie auch eine gute ist, teuer bezahlen.
Am stärksten ist, wer sich selbst in der Gewalt hat.
Am besten aber wirst du den Charakter eines Menschen kennen lernen, wenn du beobachtest, wie er jemanden lobt und wie er sich verhält, wenn er selbst gelobt wird.
Fremde Fehler sehen wir, die unsrigen aber nicht.
Rache bedeutet das Eingeständnis einer Kränkung.
Es ist schändlich, etwas anderes zu sagen, als man denkt.
Die Liebe hat selbst Götter schon besiegt.
Erfährst du, daß jemand schlecht über dich gesprochen hat, so überlege, ob du es nicht zuerst getan hast und über wie viele du selbst sprichst.
Hoffe nicht ohne Zweifel und zweifle nicht ohne Hoffnung.
Schlimmer als der Krieg ist die Furcht vor dem Krieg.
Alles, was von irgendeinem treffend gesagt worden ist, gehört mir.
Ich werde sterben. Damit sagst du doch nur, ich kann nicht mehr krank werden, ich kann nicht mehr gefesselt werden, ich kann nicht mehr sterben.
Weder die Zukunft gehört mir noch die Vergangenheit. Ich hänge an einem Augenblick der flüchtigen Zeit, und es ist schon viel, wenn man mit ihr maßvoll war. Sehr hübsch antwortete jener weise Laelius auf die Äußerung eines Mannes, der sagte: “Ich habe 60 Jahre.” “Du meinst wohl die 60 Jahre, die du nicht mehr hast.”
Selten tritt dem Weisen das Schicksal in den Weg.
Ich wundere mich oft darüber, wie leichtfertig man um Zeit bittet und sie anderen gewährt. Es ist gleichsam, als wenn um ein Nichts gebeten wird.
Nichts gehört uns zu eigen, … nichts als die Zeit.
Wer unser Haus betritt, soll uns lieber bewundern als unsere Einrichtung.
Wem Unverhofftes zuteil ward, den treibt sein Hoffen bis zur Unverschämtheit.
Das größte Lebenshindernis ist die Erwartung: Abhängig vom Morgen, verliert sie das Heute. Über das, was in der Hand des Schicksals liegt, verfügst du, doch das, was in deiner Hand liegt, läßt du dir entgehen. Wonach hältst du Ausschau? Wonach streckst du dich? Alles Künftige ist ungewiß: Lebe jetzt gleich.
Mangelndes Vertrauen ist nichts als das Ergebnis von Schwierigkeiten. Schwierigkeiten haben ihren Ursprung in mangelndem Vertrauen.
Wer Gott kennt, verehrt ihn.
Im rechten Lebenswandel liegt die einzig würdige Gottesverehrung.
Nichts ist groß, was nicht zugleich auch leidenschaftslos ist.
Leben muß man das ganze Leben hindurch lernen, und was vielleicht noch sonderbarer klingt: all seine Lebtage muß man sterben lernen.
Noch keinen hat das Unglück gebeugt, außer wen das Glück getäuscht hat.
Es gibt keinen bequemen Weg, der von der Erde zu den Sternen führt.
Ein großer Teil des Fortschreitens besteht darin, daß wir fortschreiten wollen.
Groß ist die Mühe, den Himmel zu ersteigen, doch für die Seele ist es eine Heimkehr.
Der alte Mann, der sein Leben in Müßiggang zubrachte. Ein solcher Mensch hat nicht gelebt, sondern sich nur im Leben aufgehalten und er ist nicht spät gestorben, sondern lange.
Während man es aufschiebt, verrinnt das Leben.
Die Dekadenz der Freiheit kündigt sich damit an, daß sie so lüstern wird sich auch ihren Feinden hinzugeben.
Gott dienen ist Freiheit. Deo servire libertas est.
Man stirbt nicht weil man krank war, sondern weil man gelebt hat.
Das Leben ist wie eine Rolle auf dem Theater. Es kommt nicht darauf an, daß lange, sondern daß gut gespielt wird.
Eine Menge von Büchern wirkt zerstreuend. Da du doch nicht alles lesen kannst, was du besitzen möchtest, so genügt es, so viel zu haben, wie du lesen kannst.
Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen reißt es mit sich fort. Ducunt volentem fata, nolentem trahunt.
Kinder, junge Leute und Verrückte fürchten den Tod nicht. Es wäre doch eine Schande, wenn uns die Vernunft nicht dasselbe verschaffen könnte.
Neue Künste lehrte der Hunger. Nova artificia docuit fames.
Nicht den Tod fürchten wir, sondern die Vorstellung des Todes. Non mortem timemus, sed cogitationem mortis.
Kein Verständiger straft, wie Plato sagt, weil gesündigt worden ist, sondern um die Sünde zu verhüten.
Niemand kann lange eine Maske tragen; Verstellung kehrt schnell zur eigenen Natur zurück.
Ungerechte Reiche währen niemals ewig. Iniqua numquam regna perpetuo manent.
Das Geld hat noch keinen reich gemacht.
Nichts bringt uns mehr vom Weg zum Glück ab, als daß wir uns nach dem Gerede der Leute richten, statt nach unseren Überzeugungen.
Im Grunde gibt es für die Menschen nur ein Unglück, nämlich die Umstände und Ereignisse als Unglück anzusehen.
Wenn du dein Herz fest in die Hände nimmst, wirst du vom Morgen weniger abhängig sein.
Bemiß deine Lebenszeit, für so vieles reicht sie nicht.
Hektik weist auf ein krankes Gemüt, Hauptmerkmal eines geordneten Verstandes ist Beharrungsvermögen und die Fähigkeit, mit sich selbst umgehen zu können.
Jeder ist soweit unglücklich, als er es zu sein glaubt.
Der Tod hat einen schlechten Ruf. Doch niemand von denen, die gegen ihn Klage erheben, hat ihn erfahren. Aber es ist doch leichtfertig, etwas zu verurteilen, das man nicht kennt. Dies hingegen weißt du: für wie viele er nützlich ist, wie viele er von Qualen befreit, von Not, Klagen, Martern und Lebensekel.
Der Geist ist der Herr über sein Schicksal: Er kann sowohl Ursache seines Glücks als auch seines Unglücks sein.
Das Leben aber … wird von vielen schlimmeren Stürmen geschüttelt als irgendein Schiff. Hier kommt es nicht aufs Reden an, sondern hier gilt es, das Steuer fest in die Hand zu nehmen.
Man irrt, wenn man glaubt, daß Schenken eine leichte Sache sei. Es hat recht viel Schwierigkeiten, wenn man mit Überlegung geben und nicht nach Zufall und Laune verschleudern will.
Die natürlichen Bedürfnisse haben ihre Grenzen, die aus einem Wahn entsprungenen finden kein Ende. Denn für den Wahn gibt es kein Ziel.
Nicht nur einen Tod gibt es. Der uns dahinrafft, ist nur der letzte.
Selbst wenn dir einer die Kehle zudrückt – halte aus und hilf durch dein Schweigen.
Die Welt besteht aus Gegensätzen.
Was hindert mich einen, der die Fachliteratur gar nicht kennt, für den Philosophen der Zukunft zu halten? Die Weisheit beruht doch nicht in der Fachliteratur!
Ein großer Teil der Freiheit ist ein gut erzogener Magen, der auch schlechte Behandlung erträgt.
Jeden einzelnen Tag sieh als einzelnes Leben an.
Zwischen den guten Menschen und den Göttern besteht Freundschaft.
Auch den Armen steht der Himmel offen.
Ein jeder nützt sich selbst, wenn er sich dem anderen nützlich erweist.
Das Gewissen sei die Richtschnur unseres Handelns, das Gerede der Leute soll uns gleichgültig sein!
Man darf zuweilen der Notwendigkeit selbst die Sporen geben.
Alles Leid des Menschen kommt vom Menschen.
Ertragt mit Stärke; darin überragt ihr Gott, er steht außerhalb des Leidens, ihr steht darüber.
Wert ist betrogen zu werden, wer beim Geben ans Annehmen denkt.
Richte dein Streben dahin, daß der Name des Todes seinen Schrecken für dich verliert. Mach ihn dir durch häufiges Nachdenken vertraut, damit du, wenn es die Umstände fordern, ihm sogar entgegensehen kannst.
Zum Höchsten ist gelangt, wer weiß, worüber er sich freut, wer sein Glück nicht unter fremde Macht gesetzt hat.
Schimpflich ist es, nicht zu gehen, sondern sich treiben zu lassen und mitten im Wirbel der Dinge verblüfft zu fragen: Wie bin ich bloß hierher gekommen?
Sie leben nicht, sie wollen nur leben – alles schieben sie auf.
Glück ist, was passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.
Viel wirst du geben, wenn du gar nichts anderes gibst als nur dein Beispiel.
Laß keinen Mann sich erdreisten, anderen Rat zu geben, der nicht zuerst sich selber Rat gegeben hat.
Eher muß man darauf achten, mit wem man ißt und trinkt, als was man ißt und trinkt.
Der Lohn einer guten Handlung liegt darin, daß man sie vollbracht hat.
Es gibt Zeiten, wo das Weiterleben selbst eine Tat von Kühnheit ist.
Da wir die Gesundheit dem Schicksal verdanken, schulden wir Dank auch dem Arzt, da wir aus seinen Händen die Wohltat des Schicksals empfangen.
Seine Krankheit zu erkennnen, ist der erste Weg zur Heilung.
Deine Unrast weist auf ein krankes Gemüt. Hauptmerkmal eines geordneten Geistes ist nach meiner Ansicht Beharrungsvermögen und die Fähigkeit zum Umgang mit sich selbst.
Genuß – das ist es, was in allem gesucht wird!
Das, was zu Höherem emporführt, müssen wir nicht lernen, sondern gelernt haben.
Ein heilig Ding ist das Leben des Menschen.
Die Lektüre ist aber für mich, wie ich glaube, unbedingt notwendig: erstens, um mich nicht mit mir allein begnügen zu müssen, zweitens, um mit den Erkenntnissen anderer bekannt zu werden, drittens, damit ich mir über das, was sie herausgefunden haben, ein Urteil bilden und über die noch zu lösenden Fragen nachdenken kann.
Wenig kostet der Hunger, viel ein verwöhnter Gaumen.
Was nach mir sein wird, ist nichts anderes, als was vor mir war.
Was Ablenkung anlangt, so scheint mir die Stimme gefährlicher zu sein als bloßes Geräusch. Denn die Stimme wirkt immer auf die Seele, während ein Geräusch nur an unser Ohr schlägt und es füllt.
Die Zahl derer ist nicht gering, die sich durch den schmeichlerischen Reiz irgend eines Wortes verleiten lassen etwas zu schreiben, was gar nicht ihrem ursprünglichen Plane entspricht. Das trifft auf dich nicht zu. Alles ist knapp und sachgemäß. Du sagst gerade so viel als du willst und deutest noch mehr an als du sagst. Das deutet auf etwas noch Wertvolleres hin; man ersieht daraus: deine Seele hält sich frei von allem unnötigen Ballast, frei von jedem Dunst.
Wir dürfen nicht immer wollen, was wir gewollt haben.
Denke schlecht von dir. So wirst du dich gewöhnen, die Wahrheit zu sagen und zu hören.
Was andere nur dadurch sich leichter machen, daß sie es lange ertragen, das macht er [der Weise] sich leicht durch lange Denkarbeit.
Wer sein Leben von der Hoffnung abhängig macht, dem entschlüpft immer die ihm zunächst liegende Zeit, und es tritt eine Art Heißhunger ein und die unseligste Furcht, die alles zur Hölle macht, die Todesfurcht.
Sollte es nicht besser sein, anhaltendes Unglück erträglich zu machen durch den Beistand der Tugend, als durch unaufhörliche und maßlose Glücksgaben sein Dasein zu untergraben?
Und ist die Zeit gekommen, wo die Welt, um sich zu erneuern, sich vertilgt, da wird sich dies alles durch seine eigenen Kräfte zunichte machen; Gestirne werden gegen Gestirne prallen, und alles, was jetzt in bester Ordnung sein Licht ausstrahlt, wird bei dem allgemeinen Weltenbrande eine einzige Feuermasse bilden.
Massengeselligkeit ist durch die Wucht der Einstimmigkeit für uns eine Schule der Fehler. Mögen wir auch sonst nichts für unser Seelenheil tun, die Abgeschiedenheit ist doch an und für sich schon von Nutzen: wir werden uns bessern, wenn wir vereinzelt sind.
Oft hat ein hochbetagter Greis keinen anderen Beweis für die Länge seines Lebens als die Summe seiner Jahre.
Was die Menschen anlangt, mit denen man es zu tun hat, so ist eine Auswahl ganz unerlässlich. Man frage sich: sind sie es wert, dass wir einen Teil unserer Zeit an sie wenden?
Es ist bei den Wohltaten eine ganz einfache Rechnung: so oder so viel wird einmal aufgewendet; bekommt man etwas dagegen, so ist’s Gewinn; bekommt man nichts, so ist’s kein Verlust.
Wohltaten werden mit derselben Gesinnung verdankt, mit der sie gegeben sind, und deshalb muss man wohl darauf sehen, wie man gebe.
Es war die Klage unserer Altvordern, es ist unsere Klage, es wird die Klage der Nachwelt sein, daß die Sitten verkehrt seien, daß Verdorbenheit herrsche, und daß die Menschheit sich verschlimmere und alles Heilige in Verfall gerate. Allein das ist und wird immer dasselbe sein, nur von Zeit zu Zeit sich mehr da- oder dorthin neigend, wie Meereswogen, die die eintretende Flut weiter hinaustreibt, die Ebbe mehr im Innern der Ufergrenzen hält.
Ich hätte es freilich zu nichts bringen können, wenn nicht vorausgegangen wäre, was ich den Eltern zu verdanken habe: allein daraus folgt nicht, daß alles, wozu ich es gebracht habe, geringer sei, als dasjenige, ohne welches ich nichts hätte ausrichten können.
Immer wenn sich von einer Forderung nicht viel erwarten lässt, muss man mehr verlangen als genug ist, damit geleistet werde so viel, als genug ist.
Augenblicklich ist das Eisen aus demselben Dunkel hervorgekommen, wie das Gold und das Silber, daß es auf der einen Seite nicht an Werkzeugen zum Wechselmorde fehlte, auf der andern nicht an Belohnungen dafür.
Die Wohltaten, die ein Sohn dem Vater erweist, kann man sich in’s Unendliche ausgedehnt denken, während des Vaters Geschenk ganz einfach und mühelos ist, ja dem, der es gibt, noch Lust gewährt; ein Geschenk, das er wohl auch manchen gegeben haben muss, ohne zu wissen, dass er’s ihnen gegeben hat.
Kann wohl jemand dankbar sein gegen einen Menschen, der eine Wohltat entweder übermütig hingeschleudert, oder ihm im Zorne an den Hals geworfen, oder der den Bitten müde seine Hand aufgetan hat, nur um nicht mehr belästigt zu sein?
Einerlei Sache ist nicht immer einerlei, sondern nach ihrer Absicht verschiedentlich zu beurteilen.
Muße ohne Bücher ist der Tod und des lebenden Menschen Grab.
Man schaffe sich daher so viele Bücher an, als genug ist, aber keine des bloßen Prunks wegen.
Keine Macht ist stärker als Frömmigkeit.
Leben heißt kämpfen.
Achte den Leidenden heilig.
Die Natur unterwirft die Schwachen den Starken.
Gehe so mit dem Niedrigen um, wie du wünschest, daß der Höhere mit dir umgehe. So oft dir einfällt, wie vieles dir gegen deinen Sklaven erlaubt ist, so laß dir auch einfallen, wie vieles deinem Herrn gegen dir erlaubt ist.
Manche magst du mit Liebe schonen; an manchen mag es dir zu geringe sein, Rache zu nehmen; und es ist an sie eben so wenig Hand anzulegen, als an kleine Tiere die den verunreinigen, der sie zertritt.
Leichte Sorgen lassen sich aussprechen, schwere machen stumm.
Alle Fehler nämlich sind, offen zu Tage, weniger wirksam: Auch Krankheiten neigen dann zur Gesundung, wenn sie aus dem Verborgenen hervorbrechen und ihre Kraft deutlich machen.
Alle verzeihen, niemand kommt zur Hilfe.
Anspruchslosigkeit fordert die Philosophie, nicht Selbstbestrafung: Es braucht nicht ungepflegt zu sein die Anspruchslosigkeit.
Das eben geschieht den Menschen, die in einem Irrgarten hastig werden: Eben die Eile führt immer tiefer in die Irre.
Nutze jede Stunde; wenn du das Heute wahrnimmst, wirst du weniger vom Morgen abhängen; indem man das Leben aufschiebt, eilt es von dannen.
Der unbekannte Verlust ist überhaupt kein Verlust.
Die Beständigkeit ist ein Kennzeichen eines weisen Mannes. – Die Veränderung des Willens ist ein Zeichen eines schwimmenden Gemütes, das der Wind umhertreibt. Was fest und wohlbegründet ist, schweifet nicht umher.
Es ist nichts nützlicher als Erinnerungen, wenn sie auch nur in kurzen Sprüchen bestehen – Erinnerung lehrt nicht sowohl, sie ist auch eine Art Ermahnung.
Ein Bogenschütze soll nicht hin und wieder treffen, sondern hin und wieder danebenschießen.
Wer nicht liebt, ist kein Freund der Menschheit, ist zu keiner schönen Tat fähig, ist nicht wert, ein Geschöpf Gottes zu heißen.
Das Wort »Frieden« ist etwas Süßes, der Friede selbst eine heilsame Sache, aber zwischen Frieden und Knechtschaft ist ein gewaltiger Unterschied.
Selten ist derselbe Mensch glücklich und alt.
Dies ist keine vollständige liste der zitate von Lucius-Annaeus-Seneca. Zitate anderer autoren sind ebenfalls verfügbar.